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Vertrag / Vertragsrecht

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Franchisevertrag

Rechtsgebiet:
Vertrag / Vertragsrecht
Stichworte:
Vertragsrecht
Autor:
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
Herausgeber:
Verlag:
LAWMEDIA AG

Ob McDonald’s, SUBWAY® oder Burger King, sie gehören alle zu den führenden Franchise-Unternehmen dieser Welt. Nachfolgend wird der Franchisevertrag näher erläutert.

Begriff

  • Franchisevertrag   =   Franchising ist ein partnerschafts-basiertes und verkaufsförderungs-orientiertes Absatzsystem. Der Franchisegeber hat den Part der Planung, Durchführung und Kontrolle des unternehmensfähigen Geschäftsmodells. Der Franchisenehmer setzt es mit den vorgesehenen Produkten in seinem Vertragsgebiet bzw. an seinem Standort um

Grundlage

  • Die Grundlage, Verträge in der Art des Franchisevertrages abzuschliessen, liegt in der Vertragsfreiheit, welche – innerhalb der Schranken des Gesetzes – die Kreation unzähliger Vertragstypen zulässt

Abgrenzungen

  • Zum Mäklervertrag
    • Vertrag, der den Auftraggeber verpflichtet, dem Mäkler nach Vereinbarung ein Entgelt zu bezahlen, wenn dessen Tätigwerden im Rahmen der vertraglichen Abmachungen zum Abschluss des vom Auftraggeber angestrebten Vertrags führt
  • Zum Agenturvertrag
    • Beim Agenturvertrag wird der Agent verpflichtet, für seinen Auftraggeber Geschäfte zu vermitteln oder in seinem Namen und auf seine Rechnung abzuschliessen ohne in einem Arbeitsverhältnis zu ihm zu stehen
  • Zur Einkaufs- und Verkaufs-Kommission
    • Vertrag, mit dem sich der Kommissionär gegen eine Provision verpflichtet, in eigenem Namen, aber für fremde Rechnung des Kommittenten, bewegliche Sachen oder Wertpapiere zu kaufen (Einkaufskommission) oder zu verkaufen (Verkaufskommission).
  • Alleinvertriebsvertrag
    • Beim Alleinvertriebsvertrag verpflichtet sich der Lieferant, dem Händler (Alleinvertreter) ein örtlich und sachlich sowie evtl. auch zeitlich begrenztes, ausschliessliches (Exklusivität) Bezugsrecht für bestimmte Waren einzuräumen und sie diesem zu liefern; der Händler ist im Gegenzug zum Warenbezug gegen Entgelt und zur Verkaufsförderung im Vertragsgebiet verpflichtet

Rechtsnatur

  • Es handelt sich um einen gemischten Innominatvertrag sui generis
  • Der Franchisevertrag ist ein Dauerschuldverhältnis
  • Aufgrund der sehr vielseitigen Erscheinungsformen des Franchisevertrages muss für jede sich stellende Rechtsfrage einzeln geprüft werden, welches Recht oder welche Rechtsgrundsätze anwendbar sind (Vgl. BGE 118 II 157 E 2c)
    • Oft finden sich Elemente folgender Nominat- und Innominatkontrakte:
      • Kaufvertrag
      • Miet-/Pachtvertrag
      • Arbeitsvertrag
      • Auftrag
      • Einfache Gesellschaft
      • Lizenzvertrag
      • Alleinvertriebsvertrag

Erscheinungsformen

  • Die Vielfalt der Franchising-Arten ist gross
  • Franchising ist in folgenden Branchen anzutreffen:
    • Einzelhandel
    • Hotellerie
    • Systemgastronomie
    • Schulung und Beratung
    • Betreuung
    • Businesscenter
    • Makler / Vermittler (Immobilienmakler)
    • Vertrieb und Direktvertrieb
    • Reparatur und Renovation
  • In den meisten Erscheinungsformen sind Elemente von Kauf, Miete bzw. Pacht sowie Bestimmungen über die Erbringung von Arbeitsleistungen enthalten. Auch lizenzrechtliche Elemente sind häufig anzutreffen

Zweck

  • Ergebnisorientiert zielt Franchising auf eine Win-Win-Situation für beide Vertragspartner
    • Franchisegeber: Etablierung eines Vertriebskanals mit Unternehmern
    • Franchisenehmer: beschleunigter Markteintritt und Existenzbildung
  • Ermöglicht dem Franchisenehmer die Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit ohne oder nur mit wenig Erfahrung und mit wenig Mitteln

Zustandekommen

  • Form
    • Franchisesysteme funktionieren grundsätzlich dadurch, dass einheitliche Vertriebsverträge das Grundkonzept bilden
    • Es handelt sich beim Franchisevertrag deshalb in der Regel um einen sogenannten Formularvertrag, der keine oder nur geringe individuelle Anpassungen des Franchisenehmers zulässt
  • Dauer
    • Franchiseverträge werden in der Regel für eine bestimmte Mindestdauer abgeschlossen
      • Normalerweise zwischen 1 – 10 Jahren
    • Oft beinhalten Franchiseverträge Vertragsverlängerungsklauseln, die eine Verlängerung der Vertragsbeziehung nach Ablauf der Mindestdauer ermöglichen
    • Unzulässig sind sog. Kettenverträge

Rechte/Pflichten

  • Franchisegeber
    • Überlassung des Geschäftskonzepts zur Nutzung
    • Weitere Dienstleistungen
      • Schulung
      • Beratung
    • Pflicht zum Erlass von Weisungen
      • Controlling
      • Marktauftritt (Corporate Identity)
      • Qualitätsstandards
    • Umfassende Aufklärungspflicht über sämtliche relevante Aspekte (insb. Risiken)
    • Pflicht zur Optimierung des Franchisesystems bei veränderten Marktverhältnissen
  • Franchisenehmer
    • Absatzförderungspflicht
    • Abnahme und Verkauf der Vertragsprodukte oder Dienstleistungen
    • Pflicht zur Wahrung des Franchisesystem-Konzepts
    • Pflicht zur Unterlassung konkurrierender Tätigkeit
    • Geheimhaltungspflichten

Leistungsstörung

  • Es finden die allgemeinen Regeln des Obligationenrechts Anwendung
    • Vorvertragliche Leistungsstörungen
      • Haftung aus Culpa in contrahendo
        • zB bei Verletzung der Aufklärungspflicht
      • Vertrauenshaftung
    • Vertragliche Leistungsstörungen
      • Nichtleistung
      • Schlechtleistung
      • Spätleistung
    • Vgl. Überblick Leistungsstörungsrecht

Beendigung

  • Ordentliche Beendigung
    • Frist- und formgerechte Kündigung
      • Grundsätzlich zwischen 6 – 12 Monaten auf Ende des Kalender- oder allenfalls Vertragsjahres
      • Ohne Regelung findet OR 546 I (Beendigung der einfachen Gesellschaft) analog Anwendung
  • Aufgrund veränderter Umstände
    • Analoge Anwendung von OR 418s (Beendigung des Agenturverhältnisses) nach individueller Beurteilung des Franchisevertrages allenfalls möglich
      • BGE 118 II 157 E 2c
  • Jederzeitige Auflösung aus wichtigem Grund
    • zB schwere Vertragsverletzungen durch Vernachlässigung der Absatzförderungspflicht
    • zB Verletzung von Exklusivrechten
    • zB Rückzug des Franchisegebers aus dem Markt

International

  • Grundsatz
    • Sind weder Gerichtsstandsklausel noch Rechtswahlklausel vorhanden, bestimmt sich sie Zuständigkeit des Gerichts bzw. das anwendbare Recht nach den für die Schweiz geltenden Kollisionsnormen (Lugano-Übereinkommen und IPRG)
  • Zuständiges Gericht
    • Gerichtsstandsklausel
      • Gerichtsstandsklausel
        • Parteien haben die Möglichkeit, den Gerichtsstand frei zu wählen
      • Ohne Gerichtsstandsklausel
        • Fehlt eine Gerichtsstandsklausel, richtet sich der Gerichtsstand nach den international einschlägigen Bestimmungen
    • Internationale Bestimmungen
      • LugÜ-Vertragspartner
        • Bei Parteien mit Wohnsitz bzw. Sitz im Hoheitsgebiet eines LugÜ Vertragspartner, findet das Lugano-Übereinkommen Anwendung
          • Klage am Wohnsitz bzw. Sitz der beklagten Partei (LugÜ 2) oder
          • Gerichtsstand am Erfüllungsort (LugÜ 5 Abs. 1)
      • Nicht LugÜ-Vertragspartner
        • Bei Parteien eines Nicht LugÜ-Vertragsstaates ist finden die Bestimmungen des Internationalen Privatrechts (IPRG) auch für die Zuständigkeitsvorschriften Anwendung
          • Gericht am Wohnsitz bzw. Sitz des Beklagen oder am gewöhnlichen Aufenthaltsort (IPRG 112 Abs. 1) oder
          • Gerichtsstand am Erfüllungsort (IPRG 113)
  • Anwendbares Recht
    • Rechtswahlklausel
      • Parteien haben die Möglichkeit, das anwendbare Recht frei zu wählen
      • Bei Verträgen mit Konsumenten ist eine Rechtswahl ausgeschlossen
        • IPRG 120 Abs. 2
    • Ohne Rechtswahlklausel
      • Bei Fehlen einer Rechtswahlklausel folgt der Vertrag dem Recht des Staates, mit dem er am engsten zusammenhängt
    • Engster Zusammenhang
      • Der engste Zusammenhang besteht vermutungsweise mit dem Staat, in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung erbringt, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Niederlassung hat
        • IPRG 117 Abs. 1 und 2
    • Charakteristische Leistung
      • Die charakteristische Leistung des Vertrages liegt in der Umsetzungstätigkeit des Franchisenehmers, also am Sitz des Franchisenehmers

Literatur

  • Christoph Wildhaber, Franchising im Internationalen Privatrecht, St. Gallen 1991, S. 252 ff.
  • Müller-Chen Markus/Huguenin Claire/Girsberger Daniel, Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, 2. Aufl., Vorb 184 ff/ Franchisevertrag, N 1 ff.

Weiterführende Informationen

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