Lizenzverträge spielen in der Wirtschaft eine zentrale Rolle. Insbesondere im Bereich von Patent-, Design- und Urheberrecht, ist der Lizenzvertrag nicht mehr wegzudenken.
Begriff
- Der Begriff Lizenz stammt aus dem Lateinischen (licentia, licere) und heisst Erlaubnis, Erlauben oder Genehmigung
- Das eine Mal wird die Lizenz als Benutzungsrecht, das andere Mal als Gebühr, d.h. als Lizenzgebühr, verstanden.
Grundlage
- Die Zulässigkeit Innominatkontrakte abzuschliessen und neue Verträge zu kreieren, liegt in der Vertragsfreiheit
Abgrenzung
- Pachtvertrag
- Anwendung der Pacht vorwiegend auf landwirtschaftliche Grundstücke und Betriebe zugeschnitten
- Mit dem Lizenzvertrag wird die Nutzung von Immaterialgüterrechten (Patenten, Marken, Muster, Modelle, Urheberrechte, u.ä.) gegen Entgelt überlassen
Rechtsnatur
- Es handelt sich um einen Innominatvertrag sui generis
- Es handelt sich um einen Schuldvertrag, weshalb die allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechts (OR 1 – 184) Anwendung finden
Erscheinungsformen
- Folgende Arten von Lizenzen werden in der Praxis angetroffen:
- Einfache, ausschliessliche Lizenz und Alleinlizenz
- Einfache Lizenz
- Anzahl der vom Lizenzgeber herausgegebenen Lizenzen ist nicht begrenzt
- Lizenzgeber ist weiterhin zur Verwertung des Immaterialgutes berechtigt
- Ausschliessliche Lizenz
- Lizenznehmer erhält Exklusivrecht
- Weitere Lizenzen und Verwertung des Immaterialgutes durch Lizenzgeber ausgeschlossen
- Lizenz kann aber örtlich, zeitlich oder in der Art der Nutzung begrenzt sein
- Alleinlizenz
- Neben dem Lizenznehmer hat nur Lizenzgeber ein Verwertungsrecht
- Ansonsten ist nur Lizenznehmer und kein Dritter zur Verwertung des Immaterialgutes berechtigt
- Einfache Lizenz
- Unterlizenz
- Lizenznehmer erteilt Unterlizenz an Dritten
- Ohne Ausdrückliche Regelung ist Lizenznehmer grundsätzlich nicht zur Weiterlizenzierung berechtigt
- Cross-licence
- Beide Parteien sind sowohl Lizenznehmer wie auch Lizenzgeber
- Herstellungs- und Vertriebslizenz
- Zwangslizenz
- Gesetzliche Lizenz
- Einfache, ausschliessliche Lizenz und Alleinlizenz
- Beim Lizenzrecht bestehen zwei grundlegende Auffassungen:
- Negative Deutung (pactum de non agendo)
- Lizenznehmer hat gegenüber dem Lizenzgeber nur den Anspruch auf Nichtgeltendmachung des Unterlassungsanspruches
- Positive Deutung
- Lizenznehmer hat gegenüber dem Lizenzgeber
- Unterlassungsanspruch
- Leistungsanspruch (Unterstützung der Nutzungsmöglichkeit)
- Lizenznehmer hat gegenüber dem Lizenzgeber
- Negative Deutung (pactum de non agendo)
Zweck
- Rechtsinhaber ist nicht zur Eigenverwertung in der Lage (zB kein Kapital, Produktionsanlage, kein Vertriebsnetz etc.)
- Unternehmer will Geschäftsbereich erweitern oder vervollständigen
- Markteintritt mit reduzierten Marketinginvestitionen (Markenlizenzvertrag)
- Mittel zur wirtschaftlichen Kooperation
- Nutzung der Monopolstellung durch Vereinbarung von
- Bezugsverpflichtungen
- Absatzbedingungen (Preisabreden)
- Beschränkung des Kundenkreises (Achtung: Kartellrechts-Konflikt)
- Umgehung ausländischer Importrestriktionen
- Titel für Gewinntransfer
- Streitbeilegungsmittel (der eine wird Rechtsinhaber, der andere kann das Immaterialgüterrecht im Sinne einer Lizenz [befristet] nutzen)
Zustandekommen
- Der Lizenzvertrag folgt in der Entstehung den Allgemeinen Regeln des Schweizerischen Obligationenrechtes
- Eine besondere Form ist nicht notwendig (OR 11)
- Der Lizenzvertrag kann auf Antrag eines Beteiligten zB in das Patentregister eingetragen werden. Für die Entstehung der Lizenz am Patent ist dies nicht notwendig
Nutzen und Wirkung des Registereintrages
- Patentregister
- Gutgläubigen Erwerbern von Patenten gegenüber sind entgegenstehende Lizenzen unbeachtlich.
- Im Patentregister eingetragene Lizenzen bleiben durch spätere Patentinhaber-Wechsel unberührt.
- Designrechtregister
- Es kann auf die Ausführungen zum Patentregister verwiesen werden.
- Markenregister
- Es kann auch hier auf die Ausführungen zum Patentregister verwiesen werden
Rechte/Pflichten
- Lizenzgeber
- Genussverschaffungspflicht
- Muss Nutzung des Lizenzgegenstands ermöglichen
- Genusserhaltungspflicht
- Pflicht zur Eintragung des Lizenzrechts im Register oder Hinterlegung des Lizenzrechts sowie Bezahlung der entsprechenden Gebühren
- Schutz vor Beeinträchtigung durch Dritte
- Weitere Pflichten ergeben sich aus dem konkreten Lizenzvertrag
- Genussverschaffungspflicht
- Lizenznehmer
- Entrichtung der vereinbarten Lizenzgebühr
- In der Regel ist der Lizenznehmer zur Abrechnung verpflichtet
- Lizenzgeber hat grundsätzlich ein Kontrollrecht
- Liegt eine ausschliessliche Lizenz vor, ist der Lizenznehmer zur Benutzung der Lizenz verpflichtet (BGE 96 II 154 E. 3)
- Benutzungspflicht ist insbesondere dann anzunehmen, wenn Lizenzgebühr nutzungs- oder erfolgsabhängig berechnet wird
- Geheimhaltungspflicht üblich
Leistungsstörungen
- Verletzung Lizenzvertraglicher Pflichten
- Beurteilung der Leistungsstörung nach den allgemeinen Grundsätzen des OR
- Unmöglichkeit einer Leistung (je Verschulden OR 97 ff. oder 119)
- Wirkung
- Erfüllungsanspruch wird in Schadenersatz umgewandelt
- Anwendungsfälle
- zB bei Untergang der Lizenz
- Wirkung
- Schlechterfüllung (OR 97)
- Wirkung
- Schadenersatzansprüche
- Anwendungsfälle
- Verletzung der Benutzungspflicht
- Wirkung
- Verzug (OR 102 ff.)
- Wirkung
- In der Regel Rücktritt vom Vertrag und Schadenersatz
- Anwendungsfälle
- zB Verletzung der Pflicht zur Genussverschaffung durch Lizenzgeber
- zB Nichtbezahlung der Lizenzgebühr durch Lizenznehmer
- Wirkung
- Unmöglichkeit einer Leistung (je Verschulden OR 97 ff. oder 119)
- Beurteilung der Leistungsstörung nach den allgemeinen Grundsätzen des OR
- Sachgewährleistung
- Bei Mängeln des Lizenzgegenstandes
- Haftung nach OR 97 (Nicht- oder Schlechterfüllung)
- In der Regel Vertragsauflösung und Schadenersatz
- Falls Mängel behebbar, sind die Verzugsregeln nach OR 107 ff. anwendbar
- Allenfalls Nachbesserung oder Reduktion der Gegenleistung verlangen
- Haftung nach OR 97 (Nicht- oder Schlechterfüllung)
- Alternativ auch Haftung nach kaufrechtlichen Gewährleistungsregeln (OR 197 ff) oder nach miet- und pachtrechtlichen Bestimmungen
- Vgl. BGE 124 III 456 E 4b/bb
- Bei Mängeln des Lizenzgegenstandes
- Rechtsgewährleistung
- Haftung des Lizenzgebers für Entwehrung
- Vollständige Entwehrung
- Lizenzvertrag gilt als aufgehoben
- Ansprüche des Lizenznehmers (vgl. OR 24 Abs. 1 Ziff. 4 und OR 28)
- Teilweise Entwehrung
- Lizenznehmer hat grundsätzlich nur Anspruch auf Schadenersatz
- Ausnahme
- Vertragsaufhebung, wenn Lizenznehmer Vertrag in Anbetracht der Drittberechtigung nicht geschlossen hätte
- Vollständige Entwehrung
- Haftung des Lizenzgebers für Entwehrung
Beendigung
- Zeitablauf
- Eintritt einer auflösenden Bedingung (auch: Resolutivbedingung)
- Erreichen des vereinbarten Zweckes/Zieles
- Ordentliche Kündigung
- Kündigung aus wichtigem Grund (wie jedes Dauerschuldverhältnis)
- Aufhebungsvertrag
- Wegfall der Geschäftsgrundlage
- Konkurs bzw. Zahlungsunfähigkeit einer Vertragspartei
- Willensmängelanfechtung
- Nichtigkeit
- Rücktritt bei Nicht- oder Schlechterfüllung
- uam
International
- Schuldrechtliche Anknüpfung
- Bei Lizenzverträgen ist die freie Rechtswahl möglich
- Sind weder Gerichtsstandsklausel noch Rechtswahlklausel vorhanden, bestimmt sich die Zuständigkeit des Gerichts bzw. das anwendbare Recht nach den für die Schweiz geltenden Kollisionsnormen (Lugano-Übereinkommen und IPRG)
- Gemäss IPRG 122 das Recht des Staates anwendbar, in dem der Lizenzgeber seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat
- Bei Konsumentenverträge ist IPRG 120 anwendbar
- Keine Rechtswahl zulässig
- Anwendungsfälle
- Windows Lizenz
- Online Spiele
- Anti-Virus-Programme
- Immaterialgüterrechtliche Anknüpfung
- IPRG 110 beachten: Immaterialgüterrechte unterstehen dem Recht des Staates, für den der Schutz der Immaterialgüter beansprucht wird
- Keine Rechtswahl erlaubt
Literatur
- Müller-Chen Markus/Huguenin Claire/Girsberger Daniel, Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, 2. Aufl., Vorb. 184 ff/ Lizenz- und Know-how-Vertrag, N 1 ff.
- VON BÜREN ROLAND, Der Lizenzvertrag, in: SIWR I/1, 2. A, Basel 2002, S. 293 ff.
Judikatur
- zur Anwendung miet- und pachtrechtlicher Bestimmungen
- BGE 124 III 456 E 4b/bb