Obwohl bei Obligationen normalerweise einzelne Gläubiger einzelnen Schuldnern gegenüberstehen, können an ein und derselben Forderung auch mehrere Schuldner (juristische und/oder natürliche Personen) beteiligt sein. Auf diese Fälle der sogenannten Schuldnermehrheit wird in diesem Abschnitt speziell eingegangen:
Allgemein
- Im Zusammenhang mit der Schuldnermehrheit ist zwischen Teilschuldnerschaft, gemeinschaftliche Schuldnerschaft und Einzelschuldnerschaft zu unterscheiden
Teilschuldnerschaft
- Gläubiger
- Hat einzelne Teilforderungen gegenüber jedem einzelnen Schuldner
- Schuldner
- Schuldner hat nur einen Teil der insgesamt geschuldeten Leistung zu erfüllen
- Ohne anderslautende Vereinbarung schuldet jeder Schuldner den gleichen Teil
- Entstehung
- Schuld basiert auf einheitlichem Rechtsgrund (Gesetz oder Vertrag)
- Grundsätzlich wird Teilschuld vermutet (OR 143 Abs. 1 e contrario)
- Anwendungsfall
- Bezahlt ein Solidarschuldner mehr als seinen Teil, so hat er für den Mehrbetrag Rückgriff auf seine Mitschuldner, die dadurch zu Teilschuldner werden (Regress, vgl. OR 148 Abs. 2)
Gemeinschaftliche Schuldnerschaft
- Gläubiger
- Schuld kann vom Gläubiger nur von allen Schuldnern gemeinsam verlangt werden
- Schuldner
- Es besteht die Pflicht der Schuldner zur ungeteilten Leistung
- Schuld kann nur gemeinsam durch alle Schuldner erbracht werden
- Entstehung
- Vertraglich, wenn Aufteilung der Schuld faktisch oder rechtlich nicht möglich
- Anwendungsfälle
- Gemeinschaftliche Schuldnerschaft entsteht sehr selten, da sie vertraglich kaum je vereinbart wird und das Gesetz keine Anwendungsfälle kennt
Einzelschuldnerschaft
- Gläubiger
- Gläubiger kann von jedem Schuldner die gesamte Schuld fordern
- Schuldner
- Jeder Schuldner ist zur Leistung der gesamten Schuld verpflichtet
- Entstehung
- Von Gesetzes wegen
- Aus Vertrag
- Anwendungsfälle
- Die in der Praxis bedeutendste Erscheinungsform der Einzelschuldnerschaft ist die sogenannte Solidarschuld, wo Schuldner gleiche Verpflichtungen haben. Aufgrund ihrer grossen Bedeutung wird die Solidarschuld nachfolgend gesondert behandelt
- Vgl. Solidarschuld
- Die weniger bekannte Erscheinungsform der Einzelschuldnerschaft ist dann gegeben, wenn die Schuldner ungleiche Verpflichtungen haben, die Schuldner also unter unterschiedlichen Voraussetzungen haften
- zB haftet der einfache Bürge nur unter bestimmen Voraussetzungen für Hauptschuld (OR 495)
- zB haftet der Kollektivgesellschafter nur unter bestimmen Voraussetzungen für Gesellschaftsverbindlichkeiten (OR 562)
- Die in der Praxis bedeutendste Erscheinungsform der Einzelschuldnerschaft ist die sogenannte Solidarschuld, wo Schuldner gleiche Verpflichtungen haben. Aufgrund ihrer grossen Bedeutung wird die Solidarschuld nachfolgend gesondert behandelt
Literatur
- Huguenin Claire, Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 3. Aufl., Zürich 2008, N 1432 ff.
- Furrer Daniel / Müller-Chen Markus, Obligationenrecht Allgemeiner Teil, 2. Auflage, Schulthess (Zürich), Zürich 2012, S. 255 ff.
- Von Thur Andreas, Allgemeiner Teil des schweizerischen Obligationenrechts, II. Halbbd., Tübingen 1925, S. 682
Judikatur
- Stillschweigende Vereinbarung der Solidarschuld
Weiterführende Informationen
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