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Ehescheidung / Ehetrennung

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Unternehmensbewertung

Rechtsgebiet:
Ehescheidung / Ehetrennung
Stichworte:
Ehescheidung, Ehetrennung, Unternehmensbewertung
Autor:
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
Herausgeber:
Verlag:
LAWMEDIA AG

Die Unternehmensbewertung ist in der Regel komplex und aufwändig. Bei einer Scheidung entscheidet der Scheidungsrichter – und nicht etwa ein Experte – nach welchem Massstab ein Unternehmen bewertet wird. Sinnvoll ist es, im Scheidungsverfahren einen möglichst objektiven Unternehmenswert einzusetzen.

Bewertungszeitpunkt

Vermögenswerte können während der Ehe einer Wertveränderung unterliegen. Bei einer Scheidung sind deshalb verschiedene Zeitpunkte relevant.

  • Der Bestand der zu teilenden Vermögenswerte wird bei der Einreichung des Scheidungsbegehrens (gemeinsames Scheidungsbegehren oder Scheidungsklage) bestimmt.
  • Für die Bewertung ist jedoch der Zeitpunkt massgebend, in welchem die güterrechtliche Auseinandersetzung vorgenommen wird. Das ist der Zeitpunkt des Scheidungsurteils.

Da zwischen Scheidungsbegehren und Scheidungsurteil viel Zeit vergehen kann, sind allfällige Wertveränderungen von beiden Eheleuten hinzunehmen.

Beispiel

Der Ehemann ist Inhaber einer Einzelfirma. Die Ehefrau will sich scheiden lassen und reicht eine Scheidungsklage ein. Das Scheidungsverfahren zieht sich über Jahre in die Länge, weil sich die Eheleute uneinig sind. Der Wert des Unternehmens bemisst sich im Zeitpunkt des Scheidungsurteils, selbst wenn es im Verlaufe des Scheidungsverfahrens an Wert verlieren sollte.

Bewertungsart

Das Gesetz verlangt, dass zur güterrechtlichen Auseinandersetzung die Vermögenswerte zu ihrem Verkehrswert einzusetzen sind. Das ist der in Geld ausgedrückte Tauschwert, der sich auf einem unbehinderten Markt erzielen lässt.

AG und GmbH

Bei Kapitalgesellschaften geht es zuerst um die Frage, ob ein Unternehmen fortgeführt werden soll oder nicht. Bei einer AG oder GmbH gelten dabei folgende Grundsätze:

  • Soll das Unternehmen fortgeführt werden, gilt der Fortführungswert als Verkehrswert.
  • Soll es nicht mehr fortgeführt werden, kommt der Liquidationswert zur Anwendung.
  • Wird nach Fortführungsgrundsätzen bewertet, ist das Unternehmen als Einheit zu betrachten – massgebend ist eine zukunftsbezogene Gesamtbetrachtung.
  • Nicht betriebsnotwendige Bestandteile sind vorab auszuscheiden und gesondert zu bewerten.
  • Die Ermittlung des Unternehmenswertes richtet sich nach der letzten Bilanz vor dem Bewertungszeitpunkt (Scheidungsurteil!).
  • Die Gesamtbewertung orientiert sich am bisherigen Gewinn und an der Substanz – d.h. an allen betriebsnotwendigen Vermögenswerten – des Unternehmens.
  • Der Substanzwert entspricht der Summe aller Teilwerte des Unternehmens in der Bilanz.

Kommt es noch vor der Scheidung zum Verkauf des Unternehmens, stellt der Verkauferlös den zu teilenden Wert dar.

Einzelfirma

Die oben genannten Bewertungsgrundsätze gelten nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes grundsätzlich auch bei der Einzelfirma.

Zu beachten ist aber, dass

  • Einzelfirmen stark personenbezogen sind und der Erfolg vom Inhaber abhängt;
  • dem Ertragswert deshalb bloss untergeordnete Bedeutung zukommt;
  • der Substanzwert des Unternehmens massgeblich ist, welcher mit dem Verkehrswert gleichzusetzen ist.

Beispiel

Ist ein früher erzielter Ertrag massgeblich mit der bisherigen Person des Inhabers verknüpft und damit zu rechnen, dass er ohne den bisherigen Inhaber in Zukunft nicht mehr anfallen wird, so dürfte kein Käufer bereit sein, etwas für früher erzielte Erträge zu bezahlen.

Literatur

  • TOBIAS HÜTTCHE / FABIAN SCHMID, Pragmatisch, praktisch, gut: DCF Bewertung von KMU, in: TREX 2019, S. 84 f.
  • HELBLING, Unternehmensbewertung und Steuern, 9. Aufl. 1998, S. 130 ff. und S. 167)
  • HAUSHEER/AEBI-MÜLLER, in: Basler Kommentar, 7. Aufl. 2022, N. 16 zu Art. 211
  • ALTHAUS/BOHNENBLUST, Der massgebliche Wert in der güterrechtlichen Auseinandersetzung, in: FamPra 2020 S. 670 ff., S. 685
  • HÜTTCHE/MEIER-MAZZUCATO, Unternehmensbewertung und Rechtsprechung, in: Anwaltsrevue 2018, S. 319 ff., S. 320
  • HANDSCHIN, Vom methodischen Umgang des Richters mit Bewertungsfragen, in: Justice – Justiz – Giustizia 2010/4, S. 8 ff.

Anteile an Personengesellschaften

Bestand die Personengesellschaft unter den Ehegatten (zum Beispiel eine gemeinsame Arztpraxis) stellt sich die Frage, ob im Scheidungsfall ein Ehegatte diese weiterführen will. Trifft dies zu, ist nach Fortführungsgrundsätzen zu bewerten, wobei nur der Substanzwert zu berücksichtigen ist.

Will hingegen niemand den Betrieb weiterführen, ist sein Wert nach Liquidationswerten zu bestimmen.

Freiberufler

Für die Bewertung einer Arzt-, Anwaltspraxis oder eines Architekturbüros gilt:

  • nur der Substanzwert kommt zur Anwendung, weil der Ertrag stark personenabhängig ist;
  • zu bewerten sind nur die zur Praxis gehörenden Vermögenswerte wie Mobiliar, Geräte, etc.;
  • der Ertragswert ist nur dann zu berücksichtigen, wenn ein Nachfolger viele Kunden übernimmt, was vor allem bei Arztpraxen häufig der Fall ist.

Bewertungstücken

Über den Anrechnungswert der Unternehmung müssen sich die Ehegatten einig sein. Da in einer Ehescheidung die Interessen der Ehegatten entgegen stehen (der eine muss leisten, der andere kann fordern), ist eine faire Unternehmensbewertung oftmals schwierig. Ziel ist letztlich nicht die Ermittlung einer Zahl, sondern die Einigkeit der Parteien über den Unternehmenswert.

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