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Vertrag / Vertragsrecht

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Content-Provider-Vertrag

Rechtsgebiet:
Vertrag / Vertragsrecht
Stichworte:
Vertragsrecht
Autor:
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
Herausgeber:
Verlag:
LAWMEDIA AG

Der Content Provider befasst sich mit der Aufschaltung bzw. Zurverfügungstellung von eigenen redaktionellen Beiträgen und Inhalten. Der Content-Provider beschafft sich den Content in manchen Fällen auch von einem sog. Content-Producer oder einem sog. Content-Owner. Die Vermarktung des Contents erfolgt direkt oder über sog. Content-Brokers. Er wird deshalb oft auch als Inhaltsanbieter bezeichnet. Der Content Provider hält im Internet nützliche Inhalte wie Nachrichten, Kaufangebote, Wetterinformationen, Spiele etc. kostenfrei oder entgeltlich bereit. Bekannte Content-Provider sind zB Meteo-Schweiz.ch, RonOrp.net, local.ch oder Deindeal.ch.

Begriff

  • Content Provider (Inhaltsanbieter)  =  Dienstleistungsanbieter für die Aufschaltung von Inhalten (d.h. jede Information bzw. jedes Objekt, das auf einer Webseite angeboten wird) zu den vereinbarten Themengebiete auf einer technischen Infrastruktur

Grundlage

  • Die Zulässigkeit Innominatkontrakte abzuschliessen und neue Vertragstypen zu kreieren, liegt in der Vertragsfreiheit

Abgrenzungen

  • Zum Informationsproduzent
    • Der Informationsproduzent (Content-Producer) stellt seine gestalteten Inhalte nicht auf den eigenen Server
    • Er ist nicht gleichzeitig auch Host-Provider
  • Zum Host-Provider
    • Der Host-Provider stellt auf seinem eigenen Server lediglich Speicherplatz zur Verfügung, schaltet aber nicht eigene redaktionelle oder eingekaufte Inhalte auf
    • vgl. Host-Provider-Vertrag
  • zum Access-Provider
    • Kern der vom Access-Provider angebotenen Leistung liegt in der Zugangsvermittlung oder der Zurverfügungstellung der technischen Infrastruktur für die automatische Aufschaltung von Daten und nicht im Angebot von Informationen bzw. Daten selbst
    • vgl. Access-Provider-Vertrag

Rechtsnatur

  • Einmalige Überlassung von Informationen
    • Die einmalige Überlassung von Informationen stellt ein Innominatkontrakt dar, der auf einer analogen Anwendung des Kaufrechts aufbaut, wenn die Informationen kostenpflichtig sind
  • Dauerhafte Überlassung von Informationen
    • Werden Informationen dauerhaft (meistens sog. Datenbankverträge) überlassen und erfolgt diese Überlassung entgeltlich, sind mietvertragliche Komponenten erkennbar
    • Ist der Zugang zu Informationen kostenlos, sind allenfalls Bestimmungen des Leihvertrages analog anwendbar

Erscheinungsformen

  • Content-Provider Verträge können – zB je nach Kostenstruktur, Dauer der Informationsüberlassung oder der verwendeten Technologie – sehr unterschiedliche Erscheinungsformen annehmen
    • nach Kosten
      • Informationsdienste können kostenlos oder kostenpflichtig sein
      • Auch das Kostenmodell selbst, kann unterschiedlich sein
        • Flatrate
        • Zahlung nach Nutzungsdauer
        • Einzelbezahlung
        • usw.
    • nach Dauer
      • Einmaliges Austauschverhältnis oder Dauerschuldverhältnis
    • nach Technologie
      • Pull-Dienst
        • Information muss selber gesucht und heruntergeladen werden
      • Push-Dienst
        • Information wird selbständig heruntergeladen und aktualisiert

Zustandekommen

  • Der Content-Provider Vertrag ist an keine besondere Form gebunden, wird aber in der Regel schriftlich (oft durch vorgefertigte online Vertragsformulare) und unter Einbezug von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) abgeschlossen

Zweck

  • Der Hauptzweck liegt in der Zurverfügungstellung von Inhalten zu ganz unterschiedlichen Themen
  • Der Content-Provider-Vertrag ermöglicht es jedem Kunden, zu unterschiedlichen Themengebieten spezifische Inhalte kostenlos oder zum Teil kostenpflichtig zu beziehen
  • Durch den Content-Provider wird die riesige Internet-Datenmenge gefiltert und zu sachlichem – für den Kunden konsumierbaren – Inhalt verdichtet

Rechte/Pflichten

  • Content-Provider
    • Stellt dem Kunden Inhalte zu den vereinbarten Themenbereichen zur Verfügung (selber erstellter Inhalt oder fremde Inhalte, die für den Nutzer nicht als fremd erkennbar sind) und räumt dem Kunden das Recht ein, diese Inhalte zu nutzen
    • Der Content-Provider haftet für alle zu seiner Verantwortlichkeit zählenden Inhalte
  • Kunde
    • Pflicht zur Vergütung der vom Content-Provider zur Verfügung gestellten Inhalte
    • Weiterverwendung der bezogenen Inhalte nur gemäss vertraglicher Vereinbarung zulässig

Leistungsstörung

  • Allgemein
    • Im Falle von Leistungsstörungen kommen – sofern die Folgen der Leistungsstörungen nicht vertraglich geregelt wurden – im Grundsatz die allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechts zur Anwendung.
    • Je nach Leistungsstörung kann sich aber im konkreten Einzelfall auch eine analoge Anwendung einer Bestimmung anbieten, die im besonderen Teil des Obligationenrechts verankert ist
      • zB mietvertragliche Elemente bei dauerhafter Überlassung kostenpflichtiger Inhalte
  • Schlechterfüllung
    • Anwendungsfälle
      • Zur Verfügung gestellter Inhalt entspricht nicht dem vertraglich Vereinbarten
        • zB schlechte Datenqualität
        • zB fehlerhafte Inhalte
        • zB unvollständige Inhalte
        • uam
    • Wirkung
      • Es finden die vertraglich vereinbarten Regeln bezüglich Schlechterfüllung Anwendung
      • Ohne vertragliche Regelung finden die allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechts (OR 97 ff.), evtl. analog auch mietrechtliche Bestimmungen, Anwendung
  • Verzug
    • Schuldnerverzug des Content-Providers
      • Anwendungsfall
        • Werden die vom Content-Provider zur Verfügung gestellten Inhalte nicht rechtzeitig aktualisiert oder wird neuer Content zu spät dem Kunden zur Verfügung gestellt, gerät der Content-Provider in Verzug
      • Wirkung
        • Die Verzugsfolgen richten sich in der Regel nach der vertraglichen Abmachung zwischen Kunde und Content-Provider
          • zB Kürzung der monatlichen Gebühren bei einem Dauerschuldverhältnis
    • Schuldnerverzug des Kunden
      • Anwendungsfalls
        • Bezahlt der Kunde die vereinbarten Preise für das Informationsangebot nicht, fällt er in Verzug
      • Wirkung
        • Die Folgen des Verzuges sind in der Regel vertraglich (meist in AGB) festgelegt
          • Verzugszinsen
          • Mahngebühren
          • Überlassung von weiterem Inhalt wird gestoppt

Beendigung

  • Bei einmaliger Überlassung von Informationen
    • Durch Wandelung des Vertrages bei Späterfüllung
    • Allenfalls Rücktrittsrecht bei Nichterfüllung
  • Bei dauerhafter Überlassung von Informationen
    • Durch Ablauf der Vertragsdauer
    • Durch Kündigung bei unbefristeter Vertragsdauer gemäss vereinbarten Kündigungsfristen
    • Kündigung aus wichtigem Grund bei Dauerschuldverhältnissen jederzeit möglich

International

  • Allgemeine Hinweise bei Verträgen mit Konsumenten
    • Access Provider Verträge werden oft mit Konsumenten abgeschlossen
    • Die Wahl des Gerichtsstandes ist bei Verträgen mit Konsumenten sowohl nach LugÜ 17 als auch nach IPRG 114 eingeschränkt
    • Eine Rechtswahl ist bei Verträgen mit Konsumenten gemäss IPRG 120 Abs. 2 ausgeschlossen
  • Zuständiges Gericht
    • Gerichtsstandsklausel
      • Mit Gerichtsstandsklausel
        • Soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, können die Parteien für einen künftigen Rechtsstreit über Ansprüche aus einem bestimmten Rechtsverhältnis einen Gerichtsstand vereinbaren
        • Bei Verträgen mit Konsumenten gelten besondere Bestimmungen:
          • Bei Anwendung des LugÜ
            • LugÜ 17
          • Bei Anwendung des IPRG
            • IPRG 114
      • Ohne Gerichtsstandsklausel
        • Fehlt eine Gerichtsstandsklausel, richtet sich der Gerichtsstand nach den international einschlägigen Bestimmungen
    • Internationale Bestimmungen
      • Bei LugÜ-Vertragspartner
        • Das LugÜ kommt dann zur Anwendung, wenn der Beklagte in einem LugÜ-Vertragsstaat wohnt
          • Klage am Wohnsitz bzw. Sitz der beklagten Person (LugÜ 2)
          • Alternativ Klage am Erfüllungsort (LugÜ 5)
      • Bei nicht LugÜ-Vertragspartner
        • Bei Parteien eines Nicht LugÜ-Vertragsstaates finden die Bestimmungen des Internationalen Privatrechts (IPRG) auch für die Zuständigkeitsvorschriften Anwendung
          • Gericht am Wohnsitz bzw. Sitz des Beklagen oder am gewöhnlichen Aufenthaltsort (IPRG 112 Abs. 1) oder
          • alternativ Gerichtsstand am Erfüllungsort (IPRG 113)
          • Bei Verträge mit Konsumenten (IPRG 114)
  • Anwendbares Recht
    • Rechtswahlklausel
      • Parteien haben die Möglichkeit, das anwendbare Recht frei zu wählen
        • Rechtswahlklausel
      • Bei Verträgen mit Konsumenten ist eine Rechtswahl ausgeschlossen
        • IPRG 120 Abs. 2
    • Ohne Rechtswahlklausel
      • Bei Fehlen einer Rechtswahlklausel folgt der Vertrag dem Recht des Staates, mit dem er am engsten zusammenhängt
      • Der engste Zusammenhang besteht vermutungsweise mit dem Staat, in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung erbringt, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Niederlassung hat
        • IPRG 117 Abs. 1 und 2
    • Charakteristische Leistung
      • Die charakteristische Leistung des Content-Provider-Vertrages liegt in der Aufschaltung von Inhalten zu unterschiedlichen Themengebieten auf einer technischen Infrastruktur und wird vom Content-Provider erbracht

Literatur

  • BRINER ROBERT G., Verträge und Haftung im Internet, Zürich 2002, 223 f.
  • WEBER ROLF H., E-Commerce und Recht, 2., vollständig überarbeitete Auflage, Zürich 2010, S. 369 ff.

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