Die Annullierung des Pauschalreisevertrags vor Reiseantritt ist rechtlich betrachtet ein Rücktritt.
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Die Annullation kann wie folgt differenziert werden:
Annullierung durch Reiseveranstalter
Definition
- Reiseveranstalter-Annullation = Veranstalter tritt – aus welchem Grund auch immer – vom Reisevertrag zurück
Grundlage
- PRG 11
Informationspflicht des Veranstalter
- Veranstalter hat Kunden sobald als möglich in Kenntnis setzen (PRG 9 per analogia)
Rücktritt ohne bestimmten oder entlastenden Grund
- Wahlrecht des Konsumenten nach PRG 10
- Anspruch auf
- Rückerstattung aller bezahlten Beträge (vgl. PRG 10 Abs. 3 lit. c) oder
- Ersatzreise (vgl. PRG 10 Abs. 3 lit. a + b)
- Schadenersatz wegen Nichterfüllung (PRG 11 Abs. 1 i.V.m. PRG 10 Abs. 4 und PRG 14 – 16)
- Ausnahme
- Entfallen der hievor erwähnten Ansprüche, falls der Rücktritt auf ein Konsumenten-Verschulden zurückzuführen ist
- Anspruch auf
Rücktritt wegen des (vorbehaltenen) Nichterreichens der Mindestteilnehmerzahl
- Voraussetzungen
- Vereinbarung
- Wirksame präzise Angaben der Mindestteilnehmerzahl im Reisevertrag (vgl. PRG 4 Abs. 1 + 2)
- Annullierungsberechtigung
- Wiedergabe der Mindestteilnehmerzahl in der Reisebestätigung, mit
- Rechtzeitigte Annullierungs-Mitteilung an den Konsumenten
- Schriftliche Form
- Spätestens 3 Wochen vor Reiseantritt
- Vereinbarung
- Qualifikation
- bei erfüllten Voraussetzungen
- Kein vom Veranstalter zu vertretender Rücktrittsgrund
- bei – alternativ – nicht erfüllten Voraussetzungen (siehe oben)
- Schadenersatzpflichtige Nichterfüllung des Reisevertrags
- bei erfüllten Voraussetzungen
- Rechte des Konsumenten
- Konsument steht zu
- kein Schadenersatzanspruch (vgl. PRG 11 Abs. 2)
- Wahlrecht zwischen Zahlungsrückerstattung und Ersatzreise
- Konsument steht zu
Rücktritt wegen höherer Gewalt
- Voraussetzungen
- Ungewöhnliches und unvorhersehbares Ereignis, auf dessen Eintritt der sich darauf Berufende – trotz gebotener Sorgfalt – keinen Einfluss hatte
- Ereignisse der höheren Gewalt
- Naturkatastrophen
- Erdbeben
- Erdrutsche
- Überschwemmungen
- Hurrikane
- Krieg / bürgerkriegsähnliche Zustände
- Staatliche Reiseverbote oder Reisebeschränkungen
- Generalstreiks bzw. Fluglotsenstreiks
- Naturkatastrophen
- Nicht als höhere Gewalt anerkannt
- Ereignisse im Einflussbereich des Veranstalters oder seiner Leistungsträger
- Personalstreik
- Überbuchung (PRG 11 Abs. 2 lit. b 2. Satz) von
- Transportmitteln
- Unterkünften
- Fehlende Rentabilität der Pauschalreise
- ARB-Klauseln, die Streik oder Verhalten des Veranstalters oder seiner Leistungsträger als höhere Gewalt qualifizieren, gelten als nichtig (PRG 19)
- Ereignisse im Einflussbereich des Veranstalters oder seiner Leistungsträger
- Ereignisse der höheren Gewalt
- Eintrittszeitpunkt zwischen Abschluss des Reisevertrags und Reiseantritt
- Ungewöhnliches und unvorhersehbares Ereignis, auf dessen Eintritt der sich darauf Berufende – trotz gebotener Sorgfalt – keinen Einfluss hatte
- Qualifikation
- aus Selbstverständlichkeitsgründen nicht im PRG geregelt
- Anwendung von OR 119
- Rechte des Konsumenten
Annullierung durch Konsumenten
Definition
- Konsumenten-Annullation = Kunde tritt vom Reisevertrag zurück
Grundlage
- Nur teilweise PRG-Regelung
- Subsidiäre Anwendung der Allgemeinen Bestimmungen des Schweizerischen Obligationenrechts (OR)
Rücktrittsursache
- Vom Veranstalter begründeter Anlass
- Reisepreiserhöhung durch den Veranstalter um mehr als 10 % (PRG 8 Abs. 2)
- Wesentliche Vertragsänderung (PRG 10 Abs. 1 i.V.m. PRG 7 und PRG 8 Abs. 1)
- Nichterbringen der Insolvenzabsicherung (PRG 18 Abs. 2)
- Vom Konsumenten zu vertretender Anlass
- Objektiver Reiseunfähigkeitsgrund
- Subjektive Reiseunfähigkeitsgrund (fehlende Reisewilligkeit des Konsumenten)
Folgen / Wirkungen
- Vom Veranstalter begründeter Anlass
- Bei „begründeter Rücktrittsursache“ ist der Kunde berechtigt, vom Pauschalreisevertrag zurückzutreten
- Vom Konsumenten zu vertretender Anlass
- Anwendung der Allgemeinen Bestimmungen des Schweizerischen Obligationenrechts (OR)
- Jederzeitiges Rücktrittsrecht
- Konsument darf jederzeit vom Reisevertrag zurücktreten
- analoge Anwendung von OR 377
- Schadloshaltungs Rücktritt OR 377
- Ohne begründeten Anlass
- Der Konsument schuldet dem Reiseveranstalter
- Ersatz der Aufwendungen
- Volle Schadloshaltung
- d.h. Erfüllungsinteresse, einschliesslich entgangenem Gewinn
- Der Konsument schuldet dem Reiseveranstalter
- Begründeter Anlass (objektive Teilnahmeverhinderung wie Krankheit, Unfall etc.)
- Der Konsument schuldet dem Reiseveranstalter
- Vergütung der vom Veranstalter geleisteten Arbeit, aber ohne Ersatz des entgangenen Gewinns (OR 378 Abs. 1 per analogia)
- Besteller Unmöglichkeit OR 378
- Der Konsument schuldet dem Reiseveranstalter
- Konsument darf jederzeit vom Reisevertrag zurücktreten
Beweisschwierigkeiten
- Ziel
- Schadenspauschalierung
- Offene Fragen
- Konsument hätte das Recht, den Beweis anzutreten, die zu ersetzenden Aufwendungen
- seien nicht angefallen
- seien nicht in dieser Höhe entstanden (zB frei gewordener Platz kann durch Teilnehmer aus der Warteliste belegt werden)
- wären tiefer ausgefallen, hätte der Veranstalter seine Schadensminderungspflicht wahrgenommen (vgl. OR 44 i.V.m. OR 99 Abs. 3) (zB Unterlassung der Flug- oder Unterkunftsstornierung durch den Veranstalter)
- Konsument hätte das Recht, den Beweis anzutreten, die zu ersetzenden Aufwendungen
- Offene Fragen
- Schadenspauschalierung
- ARB
- Klausel in den ARB, wonach die Rücktrittsentschädigung in der Höhe eines bestimmten Prozentsatzes vom Reisepreis beträgt und je nach Art der Reise und Dauer zum Reisedatum gestaffelt wird, u.U. bis 100 % erreichen kann
- Qualifikation der Schadenspauschalierung als Konventionalstrafe
- Herabsetzung einer unangemessen hoher Konventionalstrafe durch den Richter (vgl. OR 163 Abs. 3)
- Keine Konventionalstrafe – vorbehältlich gegenteiliger Abrede – , wenn der Konsument die Reiseverhinderung nicht zu vertreten hat (vgl. OR 163 Abs. 2) (zB Krankheit, Unfall etc.)
- Weitere Detailinformationen
- Praktische Bedeutung
- Meist gering, weil die Konsumenten auf Veranstalter-Empfehlung oft eine Annullations-Versicherung schliessen
Gesetzestexte
Art. 7 PRG
Eine Erhöhung des vertraglich festgelegten Preises ist nur zulässig, wenn:
- der Vertrag diese Möglichkeit ausdrücklich vorsieht und genaue Angaben zur Berechnung des neuen Preises enthält;
- sie mindestens drei Wochen vor dem Abreisetermin erfolgt; und
- sie mit einem Anstieg der Beförderungskosten, einschliesslich der Treibstoffkosten, einer Zunahme der Abgaben für bestimmte Leistungen, wie Landegebühren, Ein- oder Ausschiffungsgebühren in Häfen und entsprechende Gebühren auf Flughäfen, oder mit einer Änderung der für die Pauschalreise geltenden Wechselkurse begründet ist.
Art. 8 PRG Begriff
1 Als wesentliche Vertragsänderung gilt jede erhebliche Änderung eines wesentlichen Vertragspunktes, welche der Veranstalter vor dem Abreisetermin vornimmt.
2 Eine Preiserhöhung von mehr als zehn Prozent gilt als wesentliche Vertragsänderung.
Art. 9 PRG Mitteilungspflicht
Der Veranstalter teilt dem Konsumenten so bald wie möglich jede wesentliche Vertragsänderung mit und gibt deren Auswirkung auf den Preis an.
Art. 10 PRG Konsumentenrechte
1 Der Konsument kann eine wesentliche Vertragsänderung annehmen oder ohne Entschädigung vom Vertrag zurücktreten.
2 Er teilt den Rücktritt vom Vertrag dem Veranstalter oder dem Vermittler so bald wie möglich mit.
3 Tritt der Konsument vom Vertrag zurück, so hat er Anspruch:
- auf Teilnahme an einer anderen gleichwertigen oder höherwertigen Pauschalreise, wenn der Veranstalter oder der Vermittler ihm eine solche anbieten kann;
- auf Teilnahme an einer anderen minderwertigen Pauschalreise sowie auf Rückerstattung des Preisunterschieds; oder
- auf schnellstmögliche Rückerstattung aller von ihm bezahlten Beträge.
4 Vorbehalten bleibt der Anspruch auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung des Vertrages.
Literatur
- STAUDER BERND, SPR X, Konsumentenschutz im Privatrecht, 2. Teil, 4. Kapitel: Reiserecht, S. 334 ff.
Judikatur
- CJ GE vom 25.06.1982, in: SJ 1982, S. 577 + S. 588
Weiterführende Informationen
Weiterführende Informationen
Reisekrankheiten, die zu einem Reiseunterbruch führen können
Prävention
Verschiedene Länder, vor allem in Afrika und Südamerika, verlangen bestimmte Pflichtimpfungen zur Einreise.
Mediziner empfehlen, sich mindestens fünf Wochen vor Reiseantritt von einem Tropenmediziner beraten und impfen zu lassen.
Nicht für alle Reisekrankheiten gibt es eine präventive Impfung. Diabetiker, Personen mit chronischen Erkrankungen, ältere Menschen und Schwangere sollten ihre Reiseroute mit einem Arzt absprechen.
Die folgenden Tropenkrankheiten sollten Reisende kennen:
Reisedurchfall
Der Reisedurchfall (auch „Reisediarrhö“) ereilt v.a. Reisende während der Reise nach Afrika, Asien oder Lateinamerika:
- Erreger
- verschiedene
- Massnahmen
- Häufiges und gründliches Händewaschen
- Beachtung der nachgenannten Präventionspunkte
- Prävention
- Kein Verzehr ungekochter oder ungeschälter Speisen
- Wassertrinken nur aus versiegelten Flaschen
- Verzicht auf Eiswürfel
- etc.
- Folgen
- Oft klingen die Beschwerden nach einigen Tagen ohne Komplikationen ab
- Behandlung
- Bei Symptomen wie Blut im Stuhl, Fieber oder schwere Magen- und Darmkrämpfe sollte ein Arzt aufgesucht werden
- Der konsultierte Arzt sollte anhand einer Stuhlprobe den Erreger identifizieren
Hepatitis A
Das Hepatitis-A-Virus ist weltweit verbreitet:
- Überträger
- Verunreinigtes Wasser
- nicht sauber aufbereitete Speisen
- Massnahmen
- Für Reisen in Gebiete mit hoher Hepatitis A-Verbreitung ist eine vorherige Impfung unabdingbar
- Prävention
- Impfung und Achtsamkeit
- Folgen
- Virus-Auftreten in
- Tropischen Regionen
- Mittelmeerraum
- Osteuropa
- Virus-Auftreten in
- Behandlung
- Ärztliche Behandlung
Malaria
„Die Malaria, eine der häufigsten gravierendsten Infektionskrankheiten, ist vor allem dann gefährlich, wenn sie nicht bemerkt wird:
- Überträger
- (nachtaktive) Mücken
- Massnahmen
- Für bestimmte Reiseländer (zB in Afrika, Sahara etc.) kann in Absprache mit einem Tropenmediziner eine Malaria-Prophylaxe mit Tabletten zielführend sein (Abwägung zwischen Nebenwirkungen und Malaria-Risiko),
- Eine zugelassene Impfung gegen Malaria gibt es leider nicht
- Prävention
- Konsequenter Mückenschutz mit Sprays und Moskitonetzen, zur Vermeidung einer Malaria-Ansteckung
- Lange und helle Kleidung tragen
- Kleidung zusätzlich mit Antimückenspray besprühen
- Folgen
- Gesundheitliche Schäden
- Behandlung
- Rechtzeitige Erkennung und Behandlung
Denguefieber
Dengue ist vor allem in Mittel- und Südamerika, Südostasien, Afrika und Indien verbreitet:
- Überträger
- Tagaktive Mücken
- Massnahmen
- Der effektivste Schutz ist Vorbeugen vor einem Mückenstich durch lange Kleidung und Repellents
- Prävention
- Keine Impfung möglich
- Folgen
- Krankheitseintritt meistens noch vor Ort im Reiseland, empfehlenswert: Arztkonsultation bei eine Spezialisten für Tropenmedizin
- Behandlung
- Nach einem Stich folgen 2 bis 10 Tage später Symptome wie
- Grippeähnliche Erscheinungen
- hohes Fieber
- starke Kopf- und Gliederschmerzen
- Nach einem Stich folgen 2 bis 10 Tage später Symptome wie
Tollwut
Die Tollwutgefahr besteht in tropischen Ländern und v.a. in ländlichen Gegenden:
- Überträger
- vor allem Hunde
- Massnahmen
- Bei Reisen in Tollwut-Endemiegebiete resp. bei engem Kontakt mit Tieren empfiehlt sich die Konsultation eines Tropenmediziners
- Prävention
- Impfung vor der Reise
- Abklärung vor der Reise, ob der Impfstoff im Zielland verfügbar ist
- Folgen
- Unbehandelt kann die Krankheit tödlich verlaufen
- Behandlung
- Nicht geimpfte Reisende sollten nach jedem Tierbiss in einem Tollwutgebiet sofort das Krankenhaus aufsuchen, wo im Normalfall umgehend eine Postexpositionsprophylaxe durchgeführt wird, eine nachträgliche Impfung – am besten binnen 24 Stunden nach dem Biss
Japanische Enzephalitis
Die Japanische Enzephalitis (JE) wird durch Stiche bestimmter Mücken übertragen:
- Verbreitung
- in Asien
- Folgen
- Gravierend
- Symptome
- Bewusstseinstrübung
- Krampfanfällen
- Lähmungen
- Prävention
- Impfung, die auch in Deutschland zugelassen ist. Empfohlen wird sie aber nur für Menschen, die in Regionen mit JE-Virus leben oder häufig dorthin reisen
- Behandlung
- Wirksame Medikamente zur Behandlung sind derzeit nicht erhältlich
Gelbfieber
Die Gelbfieber-Erkrankungen sind bei Reisenden eher selten, da viele Staaten mit Endemiegebieten für die Einreise eine Impfung vorschreiben:
- Folgen
- Ungeimpfte Personen können schwer erkranken oder gar sterben
- Prävention
- Nach einmaliger Gelbfieber-Impfung ist laut Auskunft der WHO von einem lebenslangen Schutz auszugehen
- Vorbehalt
- Der Impfstoff sollte nicht bei Immungeschwächten und nicht bei Schwangeren angewandt werden.