In der (internationalen) Transaktions-Praxis ist als Dokument das Term Sheet (Eckdatenpapier) verbreitet, dessen Grad der Verbindlichkeit unklar und schwankend ist, zwischen Letter of Intent (LOI) und Vorvertrag:
Begriff
Term Sheet (auch: Eckdatenpapier) = Diskussions- und Arbeitspapier, welches die Kernpunkte der zwischen den Vertragsparteien ausgehandelten Vertragsbestandteile beinhaltet und verbindliche Grundlage für die Formulierung des späteren Vertrags bilden soll
Es besteht keine Legaldefinition (vgl. nachfolgend „Grundlage“.
Grundlage
- Keine gesetzliche Grundlage
- Vertragspraxis hat das Term Sheet und seine Funktionen aus dem angelsächsischen Rechtskreis übernommen, ohne dass es für hiesige Verhältnisse zu einer anerkannten Übersetzung dieses Anglizismusoder eine Beschreibung seines Verbindlichkeitsgrades vorhanden ist
Abgrenzungen
- Letter of Intent (LOI) = Absichtserklärung
- Vorvertrag = Verpflichtung der Parteien zum Abschluss eines Hauptvertrages
Rechtsnatur
- Innominatkontrakt (bei Unterzeichnung)
- Innominatkontrakte
Ziele
Ein Fact Sheet wird beispielsweise eingesetzt in folgenden Fällen:
- Komplexe Vertragswerke
- Umstrittene Vertragsklauseln
- Langwierige Verhandlungen
- Verhandlungen, in denen Vertragstexte diskutiert, neu gefasst oder abgeändert werden
Motive
- Vorgehensstrukturierung
- Transaktionssicherheit, bevor
-
- mit einer aufwändigen Due Diligence gestartet wird
- abschliessende Vertragsverhandlungen fortgesetzt werden
- weitere Kosten anfallen
Zweck
- Festhaltung des jeweils erreichten Verhandlungsergebnisses, unterzeichnet durch die Parteien
-
- anschliessend folgt meist ein „First Draft“ (erster Vertragsentwurf)
- mit Hinweis, dass es noch der Umsetzung in einen abzuschliessenden bzw. bindenden Vertrages bedarf
- Das Endfassungs-Term Sheet soll in einen abzuschliessenden Vertrag münden,
-
- oft von den Parteien als Vertrag deklariert
Verbreitung / Bedeutung
- Allgemein
-
- Term Sheets werden v.a. in Vertragsverhandlungen in komplexen Vertragswerken mit angelsächsischem Bezug verwendet
- Anwendungsbeispiele
- Unternehmenskauf
- Venture Capital-Transaktionen
- Mezzanine-Deals
- Kreditderivate
- Syndizierungen
- Finanzen / Financial Due Diligence | real-estate-due-diligence.ch
- etc.
Term Sheet-Inhalt
- Allgemeines
-
- Wegen der „schwankenden“ Verbindlichkeit (zwischen blossem LOI und rechtlich bindendem Vorvertrag) sollte im Term Sheet der Grad seiner Verbindlichkeit ausdrücklich klargestellt werden
- Besonderes
- Individuelle Termsheets enthalten:
- Die Besonderheiten
- Die umstrittenen Teile der geplanten Transaktion („Terms and conditions“)
- brauchen weder abschliessend, noch vollständig zu sein
- Term Sheets mit Auslandberührung sollten stets enthalten:
- Rechtswahlklausel
- Gerichtsstandsklausel
- Individuelle Termsheets enthalten:
- Inhaltsdisposition
- Bezeichnung der Vertragspartner
- Konkretisierung des Transaktionsvorhabens
- InteressRebekundung an der Vertragsredaktion bzw. Vertragsrealisation
- Zusammenfassung aller Verhandlungsergebnisse
- Definition von Rahmenbedingungen
- Terms and Conditions
- Zusammenfassung aller noch offenen Punkte
- Weitere Abreden
- Geheimhaltungsvereinbarung (Non Disclore Agreement)(Verschwiegenheitsverpflichtung, ev. mit Konventionalstrafe
- Exklusivitätsklausel, ev. mit Konventionalstrafe
- Cross Default-Klausel ev. mit Konventionalstrafe
- ev. Break Fee-Agreement
- Bei Unternehmenskäufen
- Zeitplan für Due Dilligence
- Kaufpreisbestimmungsformeln
- Gültigkeitsbedingungen
- Befristungen
- Bedingungen
- Vorbehalte
- Beendigungsgründe für die laufenden Verhandlungen
- Keine Ausgleichszahlungen bei Verhandlungsabbruch
- Vorbehalt von Culpa in Contrahendo (c.i.c.)
- Bindungswirkung?
- Erwähnung, dass keine Bindungswirkung besteht
- zB „Dieses Term Sheet ist einzig für Diskussionszwecke gedacht; es stellt kein Angebot dar und bildet keine Verpflichtung jedwelcher Art“
- ev. Klarstellung des Verbindlichkeitsumfangs
- Erwähnung, dass keine Bindungswirkung besteht
- ev. Auslegungsregeln
- Schriftformvorbehalt
- Rechtswahl
- Gerichtsstand
- Salvatorische Klausel
- Form
- Grundsatz
- Formfreiheit
- Empfohlen:
- Schriftform als Gültigkeitserfordernis
- Grundsatz
Wirkungen
- Grundsatz
- Die Bindungswirkung des Term Sheet hängt vom Parteiwillen ab
- In der Regel keine Verpflichtung zu einem Vertragsabschluss
- Trotz der weitgehenden Unverbindlichkeit besteht in der Praxis die Gepflogenheit, dass sich die Parteien an die Bestimmungen des gemeinsam erarbeiteten Term Sheet halten und in der Zusammenarbeit ohne Not nicht davon abweichen
- Ausnahme
- Völlig unverbindlich sind Term Sheet selten, denn die oft mitenthaltenen Geheimhaltungs- und Exklusivitätsklauseln unterliegen einer zumindest einseitigen Erfüllungspflicht.
Literatur
- GRAU CARSTEN / MARKWARDT KARSTEN, Internationale Verträge,
- BREHM CHRISTIAN, Das Venture-Capital-Vertragswerk – die Bedeutung für Mangement des Zielunternehmens, Springer Gabler
Judikatur
- DE: BGH, Urteil vom 08.06.1978, Az. III ZR 4876 = NJW 1978, S. 1802