Um Zugang zum Internet zu erhalten, benötigt man einen Vertrag mit einem Internetdienstanbieter, dem sogenannten Access Provider. Access Provider stellen nicht die Infrastruktur für die Datenablage, sondern lediglich die technische Verbindung zu den Servern der sog. Host Provider sicher (vgl. Host-Provider-Vertrag). Dies bedeutet nicht, dass ein Access Provider nicht auch gleichzeitig ein Host-Provider sein kann. Sehr oft bietet der Access Provider ein ganzes Dienstleistungsbündel an, wobei neben dem eigentlichen Internetzugang zB auch Hosting-Möglichkeiten, E-Mail-Dienste (inkl. Viren- und Spamfilter, Adressbuch, usw.), oder weitere Applikationen wie zB eine Web-Design-Applikation angeboten wird.
Begriff
- Access-Provider-Vertrag = Vertrag mit einem Internetdienstanbieter, welchem einem den Zugang zum Internet, also dem Verbund von Rechnern und Netzwerken, zwecks Austausch von Daten vermittelt
Grundlage
- Die Zulässigkeit Innominatkontrakte zu schliessen, liegt in der Vertragsfreiheit
Abgrenzungen
- Zum Mietrecht
- Der Access Provider überlässt dem Kunden keine Gegenstände zum persönlichen Gebrauch
- Vgl. Mietvertrag
- Der Access Provider überlässt dem Kunden keine Gegenstände zum persönlichen Gebrauch
- Zum Arbeitsrecht
- Der Access Provider leistet keine persönliche Arbeitsleitung und es besteht kein Subordinationsverhältnis zum Kunden
- Vgl. Arbeitsvertrag
- Der Access Provider leistet keine persönliche Arbeitsleitung und es besteht kein Subordinationsverhältnis zum Kunden
- Zur einfachen Gesellschaft
- Keine gemeinsame Zweckverfolgung von Access Provider und Kunde gegeben
- Zum Host-Provider
- Der Host-Provider stellt auf seinem eigenen Server Speicherplatz für den Kunden zur Verfügung
Rechtsnatur
- Innominatkontrakt in der Art eines Kombinationsvertrages (Zwillingsvertrag)
- Kombination aus Elementen folgender Vertragsarten (je nach Leistung des Access-Providers)
- Mietvertrag
- Werkvertrag
- Auftrag
- Synallagmatischer Vertrag
- Dauerschuldverhältnis
Erscheinungsformen
- Reiner Zugangsvermittler
- Der Access Provider kann als reiner Zugangsvermittler auftreten
- Erbrachte Leistung kann insbesondere in Bezug auf die Übertragungsgeschwindigkeit variieren, hat aber immer die Vermittlung eines Zugangs zum Internet als Grundlage
- Zugangsvermittler mit weiteren Diensten
- Werden vom Access Provider weitere Dienstleistungen angeboten, wie zB E-Mail-Dienst oder eine Help-Hotline, handelt es sich um einen sog. Service Provider
Zustandekommen
- Der Access-Provider-Vertrag kann formlos geschlossen werden
- Vorformulierte Verträge und Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sind jedoch üblich
- Der Vertragsabschluss wird in den meisten Fällen online abgewickelt
Zweck
- Der Access-Provider-Vertrag ermöglicht jedermann den Zugang zum Internet, ohne selber über die technischen Einrichtungen zu verfügen
- Der Access Provider kann seine technische Infrastruktur für eine sehr grosse Anzahl Kunden bereithalten, wodurch sich für ihn die hohen Investitions- und Infrastrukturkosten lohnen
Rechte/Pflichten
- Access Provider
- Der Access Provider vermittelt dem Kunden den ungestörten Zugang zu einem globalen Netzwerk
- Zugangsleistung wird oft mit einem gewissen Prozentsatz (meist 97-98%) angegeben, da aus technischen Gründen nicht jederzeit eine Verbindung zum Internet gewährleistet werden kann
- Der Access Provider stellt für den Zugang zum Internet die technischen Einrichtungen zur Verfügung
- Instandhaltung und Erneuerung der technischen Infrastruktur
- Sorgfaltspflicht bezüglich Virenverbreitung
- Pflicht zum Abblocken von Hacker-Angriffen auf Router
- Warnung der Kunden bei Hacker-Angriffen
- Der Access Provider vermittelt dem Kunden den ungestörten Zugang zu einem globalen Netzwerk
- Kunde
- Notwendige Teilnehmeranlagen und Anschlüsse bereithalten
- zB Festnetzanschluss, Internetanschluss usw.
- Bezahlung der vereinbarten Vergütung
- In der Regel eine sog. Flatrate
- Weitere Nebenpflichten und Obliegenheiten
- Erfüllung gewisser technischer Voraussetzungen (Hardware und Software)
- zB Installation des Modems
- Pflicht zum Schutz des eigenen Computernetzwerkes
- Anti-Viren-Programme
- Firewalls
- Updates durchführen
- Router bei Hacker-Angriffen neustarten
- uam
- Erfüllung gewisser technischer Voraussetzungen (Hardware und Software)
- Unterlassung bestimmter Verhaltensweisen
- Keine missbräuchliche Verwendung des Internetzugangs
- Informations- und Meldepflicht
- zB Pflicht zur Bekanntgabe von Adressänderungen
- zB Meldung von Mängeln oder Unterbrüchen beim Netz-Zugang
- Notwendige Teilnehmeranlagen und Anschlüsse bereithalten
Leistungsstörungen
- Allgemein
- Im Falle von Leistungsstörungen kommen – sofern die Folgen der Leistungsstörungen nicht vertraglich geregelt wurden – im Grundsatz die allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechts zur Anwendung
- Je nach Leistungsstörung kann sich aber im konkreten Einzelfall auch eine analoge Anwendung einer Bestimmung anbieten, die im besonderen Teil des Obligationenrechts verankert ist
- zB Miet- oder auftragsrechtliche Bestimmungen
- Schlechterfüllung
- Mögliche Arten der Schlechterfüllung
- Zugangsprobleme zum Internet
- Längere Ausfallstörungen
- Unzureichender Schutz von Daten und Rechner vor Hackerangriffen oder Viren
- Fehlende Unterstützung des Kunden durch Hotline oder Störungsdienst
- Haftung für Schlechterfüllung
- Schadenersatz durch Access Providers nach den allgemeinen vertraglichen Regeln (OR 97 ff.)
- Schadenersatzpflicht
- Schadenersatz durch Access Providers nach den allgemeinen vertraglichen Regeln (OR 97 ff.)
- Vertragsrücktritt
- Der Gläubiger kann auch analog zu OR 107 Abs. 2 und 109 vom Vertrag zurücktreten
- Aufgrund des Dauerschuldverhältnisses nur „ex nunc“, d.h. von nun an und nicht rückwirkend (kommt einem sofortigen Kündigungsrecht gleich)
- Mögliche Arten der Schlechterfüllung
- Verzug
- Schuldnerverzug des Access-Providers
- Mögliche Arten des Verzuges
- zB Zugang zum Internet wird nicht eingerichtet
- Folgen des Verzuges
- Gläubiger kann beim Verzug des Schuldners gemäss OR 107 Abs. 1 und 109 vom Vertrag zurücktreten oder am Vertrag festhalten und das positive Interesse geltend machen
- Mögliche Arten des Verzuges
- Schuldnerverzug des Kunden
- Mögliche Arten des Verzuges
- Bezahlt der Kunde seine Rechnung nicht rechtzeitig, wird er durch Mahnung in Verzug gesetzt
- Folgen des Verzuges
- Der Access-Provider kann nach den Vorschriften über den Schuldnerverzug vom Vertrag zurücktreten
- In der Regel wird dem Kunden bei Nichtbezahlung der vertraglich vereinbarten Gebühr, der Zugang zum Internet – bis zur Bezahlung der ausstehenden Gebühren – abgestellt
- Mögliche Arten des Verzuges
- Schuldnerverzug des Access-Providers
Beendigung
- Durch Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer
- Unter Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfrist
- Als angemessen werden zB 30 oder 60 Tage erachtet
- Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund bei Dauerschuldverhältnissen immer möglich
International
- Allgemeine Hinweise bei Verträgen mit Konsumenten
- Access Provider Verträge werden oft mit Konsumenten abgeschlossen (B2C)
- Die Wahl des Gerichtsstandes ist bei Verträgen mit Konsumenten sowohl nach LugÜ 17 als auch nach IPRG 114 eingeschränkt
- Eine Rechtswahl ist bei Verträgen mit Konsumenten gemäss IPRG 120 Abs. 2 ausgeschlossen
- Zuständiges Gericht
- Gerichtsstandsklausel
- Mit Gerichtsstandsklausel
- Soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, können die Parteien für einen künftigen Rechtsstreit über Ansprüche aus einem bestimmten Rechtsverhältnis einen Gerichtsstand vereinbaren
- Bei Verträgen mit Konsumenten gelten besondere Bestimmungen:
- Bei Anwendung des LugÜ
- LugÜ 17
- Bei Anwendung des IPRG
- IPRG 114
- Bei Anwendung des LugÜ
- Ohne Gerichtsstandsklausel
- Fehlt eine Gerichtsstandsklausel, richtet sich der Gerichtsstand nach den international einschlägigen Bestimmungen
- Mit Gerichtsstandsklausel
- Internationale Bestimmungen
- Bei LugÜ-Vertragspartner
- Das LugÜ kommt dann zur Anwendung, wenn der Beklagte in einem LugÜ-Vertragsstaat wohnt
- Klage am Wohnsitz bzw. Sitz der beklagten Person (LugÜ 2)
- Alternativ Klage am Erfüllungsort (LugÜ 5)
- Das LugÜ kommt dann zur Anwendung, wenn der Beklagte in einem LugÜ-Vertragsstaat wohnt
- Bei nicht LügÜ-Vertragspartner
- Hat der Beklagte seine Wohnsitz nicht in einem LugÜ-Vertragsstaat, finden die Bestimmungen des Internationalen Privatrechts (IPRG) auch für die Zuständigkeitsvorschriften Anwendung
- Gericht am Wohnsitz bzw. Sitz des Beklagen oder am gewöhnlichen Aufenthaltsort (IPRG 112 Abs. 1) oder
- alternativ Gerichtsstand am Erfüllungsort (IPRG 113)
- Bei Verträge mit Konsumenten ist IPRG 114 zu beachten
- Hat der Beklagte seine Wohnsitz nicht in einem LugÜ-Vertragsstaat, finden die Bestimmungen des Internationalen Privatrechts (IPRG) auch für die Zuständigkeitsvorschriften Anwendung
- Bei LugÜ-Vertragspartner
- Gerichtsstandsklausel
- Anwendbares Recht
- Rechtswahlklausel
- Parteien haben die Möglichkeit, das anwendbare Recht frei zu wählen
- Rechtswahlklausel
- Bei Verträgen mit Konsumenten ist eine Rechtswahl ausgeschlossen
- IPRG 120 Abs. 2
- Parteien haben die Möglichkeit, das anwendbare Recht frei zu wählen
- Ohne Rechtswahlklausel
- Bei Fehlen einer Rechtswahlklausel folgt der Vertrag dem Recht des Staates, mit dem er am engsten zusammenhängt
- Der engste Zusammenhang besteht vermutungsweise mit dem Staat, in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung erbringt, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Niederlassung hat
- IPRG 117 Abs. 1 und 2
- Charakteristische Leistung
- Die charakteristische Leistung liegt in der Vermittlung des ungestörten Zugang zu einem globalen Netzwerk und wird vom Access Provider erbracht
- Rechtswahlklausel
Literatur
- BRINER ROBERT G., Verträge und Haftung im Internet, Zürich 2002, 223 f.
- WEBER ROLF H., E-Commerce und Recht, 2., vollständig überarbeitete Auflage, Zürich 2010, S. 369 ff.
- SCHNYDER ORSOLYA FERCSIK, Internet-Access-Providing-Verträge mit geschäftlichen und privaten Endkunden: eine vertragsrechtliche Analyse nach schweizerischem Recht unter besonderer Berücksichtigung des Rechts der Europäischen Union, Dissertation, Zürich 2012, S. 79 ff..
- KOSMIDES TIMOLEON, Providing-Verträge, Dissertation, München 2009, S. 120 ff.
Judikatur
- zur Anwendung der Bestimmungen zur einfachen Gesellschaft