Grundsätzliches
Ist oder war es nicht möglich, einen – punktuellen oder dauernden – Interessenkonflikt präventiv zu vermeiden, muss er festgehalten und mit geeigneten Massnahmen bewältigt werden. Dabei sind die Instrumente der Rechtsordnung für das Handling unvermeidbarer Interessenkonflikte zu nutzen, v.a. im Hinblick auf das Schädigungspotential von Interessenkonflikten:
- Konflikte zwischen zu wahrenden Fremdinteressen und den Eigeninteressen des Interessenwahrers (auch: Eigeninteressenkonflikte)
- Neutralisation
- Risikokalkulation allgemein
- Risikokalkulation bei Kollision verschiedener zu wahrenden Fremdinteressen (auch: Fremdinteressenkonflikte)
- Suche nach einem fairen Ausgleich zwischen den kollidierenden Interessen (auch: Ausbalancierung)
Anwendungsfeld
Zur Vermeidung können Konfliktlagen oder konkrete Interessenkonflikte anstehen:
- Geschäftsmodell-inhärente Interessenkonflikte
- Dauernde Interessenkonflikte
- zB Personalkonstellationen
- zB Dauerschuldverhältnisse
- Punktuelle Interessenkonflikte
- zB Rechtsgeschäfte
- zB Testat-Ergebnisse
- zB Bewertungen bzw. Beurteilungen
Konfliktlösungsansätze
Grundsätzlich sollte jedes Unternehmen seine individuellen Konfliktlösungsansätze entwickeln. Die Bewältigung der Konfliktlösungen geht immer mit einem Eingriff in die Handlungsfreiheit des Interessenwahrers einher:
- Offenlegung von Interessenkonflikten
- zB für eine Genehmigung, falls genehmigungsfähig
- Festlegung formaler Konfliktlösungsprinzipien
- Transparenz
- zB vollständige Offenlegung der Konfliktsache
- Lösungssuche
- zB Einforderung eines Unbenklichkeitsnachweises beim Interessenwahrer
- zB dealing at arm’s length-Nachweis
- Mögliche (binäre) Entscheid-Varianten
- Akzept
- Vorgängige Genehmigung
- i.d.R. nachträgliche Genehmigung
- Ablehnung
- Weitere Entscheidungsoption
- zB Abbruch der Beziehung zum interessenkonflikt-belasteten Interessenwahrer
- Akzept
- Transparenz
- Verhaltenspflichten
- Ausstandspflicht
- Teilnahme- und Stimmverbot in Gremien
- Verbot der Aneignung von Geschäftschancen
- Berücksichtigung der Geschäftschancenlehre (corporate opportunies doctrine)
- Zwingende Beachtung
- Wegbedingung
- Genehmigung von Einzelgeschäften
- Abstrakte Verhinderung durch Konkurrenzverbote
- Berücksichtigung der Geschäftschancenlehre (corporate opportunies doctrine)
- Beendigung des Interessenwahrungsverhältnisses
- Dauerhafter Interessenkonflikt
- Führt ein dauerhafter Interessenkonflikt zu einer dauernden ernsthaften Gefährdung der Interessen des Unternehmens und damit zu einer untragbaren Situation, so ist der Interessenwahrer aufgrund seiner Treuepflicht gehalten, entweder von sich aus sein Mandat niederzulegen resp. die Beendigung des Interessenwahrungsverhältnisses zu beantragen
- Ultima ratio
- Als einschneidenste Massnahme zur Bewältigung des Interessenkonfliktes gilt die Beendigung des dem Konflikt zugrundeliegenden Verhältnisses
- Anwendung, wenn nur die Beendigung eine Bewältigung der Konfliktlage und eine Entspannung erbringt
- zB bei Pflichtenkollision
- zB bei dauernder, gravierender Interessenkonfliktlage
- Dauerhafter Interessenkonflikt
Weiterführende Informationen
FISCHER DAMIAN A., Interessenkonflikte im Schweizer Privat- und Wirtschaftsrecht – Ein Beitrag zur dogmatischen Erfassung eine omnipräsenten Governance-Problems, Zürich 2019, S. 257 ff.