LAWINFO

Aktiengesellschaft

QR Code

Atypische AG

Rechtsgebiet:
Aktiengesellschaft
Stichworte:
AG, Aktiengesellschaft
Autor:
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
Herausgeber:
Verlag:
LAWMEDIA AG

Das Definitionspaar «typisch“ und „atypisch» beschlägt die einzelne AG als Gegenstand der sozialen Wirklichkeit im Verhältnis zum Gesetz:

Gemeinsamkeiten

  • Die atypische AG hat mit der typischen gemein:
    • Beide weisen alle gesetzlichen, d.h. notwendigen Begriffsmerkmale der AG auf

Unterschiede

  • Allgemein
    • Im Unterschied zur typischen AG fehlen der atypischen AG aber einzelne oder übliche Typmerkmale:
      • Tatbeständliche Elemente des Lebensverhältnisses «Aktiengesellschaft», die durch zweierlei gekennzeichnet sind:
        • Gesetzlich nicht geregelte Elemente, die nicht zum Normtatbestand «Aktiengesellschaft» gehören, folglich auch nicht zum Inhalt der einschlägigen Normen (d.h. weder Geboten noch Verboten)
        • Gesetzliche Sonder-Normen des Aktienrechts, die vom Gesetzgeber so gestaltet wurden, dass sie nur für einzelne Gesellschaften passen und anwendbar sind, bei denen diese tatbeständlichen Elemente gerade gegeben sind
    • Die Annahme einer typischen AG setzt eine Modellvorstellung, ein Leitbild, des Gesetzgebers voraus, während dies bei einer atypischen AG nicht in jeder Hinsicht zutrifft
    • In vielen Belangen hat sich der Gesetzgeber gar nicht mit der Atypizitätsmöglichkeit einer AG (zB Zweimann-AG und insbesondere Einmann-AG) befasst
  • Innergesellschaftliche Aspekte
    • Stichentscheid des Verwaltungsratspräsidenten (VRP)
      • Bei der Zweimann-AG dürfte die sog. „Stichentscheid-Regel“ – zur Vermeidung einer Beschluss- und Funktionsunfähigkeit – opportun sein, auch wenn sie dem Sinn und Geist des Aktienrechts widerspricht (aktienrechtliches Mehrheitsprinzip)
        • Vermeidung eines Organisationsmangels
        • Zweckerreichung
      • Ausgangslage
        • Atypische AG mit oder ohne Lösungsmechanismus für den Fall von Stimmengleichheit
      • Zulässigkeit
        • Grundsatz
          • Ja, da kein Verstoss gegen zwingendes Aktienrecht
        • Schranken
          • Rechtsmissbrauch (ZGB 2)
          • Erfordernis der schonenden Rechtsausübung (vgl. ZGB 2 Abs. 2)
      • Grundlage
        • Statuten
        • Frage, ob der Gleichstand durch vertragliche Zuerkennung eines Stichentscheidrechts überwunden werden darf bzw. kann (ungelöst)
      • Einschränkung
        • Als unzulässig dürfte sich das „Stichentscheidrecht“ da erweisen, wo es die Stimmkraft von zwei Aktionären dauernd so verteilen soll, dass dem einen das Übergewicht über den andern zukommt
        • Lösungsmöglichkeiten
    • Statutarische Ausstandsvorschriften
      • Schutz der Mitaktionäre vor dem Interessierten; wobei dieses Schutzbedürfnis bei der Einmann-AG entfällt
  • Aussengesellschaftliche Aspekte
    • Allgemein
      • Numerus clausus der gesetzlichen Gesellschaftsformen
      • Zwingende Normen der Gesellschaftsform
      • Zweckwidrige Verwendung der Gesellschaftsform
    • Vertretung
      • Es gelten die Regeln des allgemeinen Vertretungsrechts, insbesondere zur Vertretungsmacht und zur Vertretungsbefugnis
      • Zu berücksichtigen sind dabei Gesellschaftszweck, Kundgabe und – je nach dem – der Vertrauensschutz des Gutgläubigen

Anwendungsbeispiele atypischer Aktiengesellschaften

  • Einmann-AG
  • Zweimann-AG

Literatur

  • Allgemein
    • KOLLER ARNOLD, Grundfragen einer Typuslehre im Gesellschaftsrecht, Freiburg 1967, 172 S.
    • JÄGGI PETER, Von der atypischen Aktiengesellschaft, in: Peter Gauch/Bernhard Schnyder (Hrsg.), Peter Jäggi, Privatrecht und Staat, Gesammelte Aufsätze, Zürich 1976, 251 ff., 260
    • CAHANNES MERENS / VON DER CRONE HANS CASPAR, Der Stichentscheid in der Generalversammlung unter dem Aspekt des Gebots der schonenden Rechtsausübung, in: SZW/RSDA 3/2017, S. 385, FN 32
    • RICHARD ULRICH, Atypische Kommanditgesellschaften, Diss. Zürich 1971
  • Vermeidung oder Funktionsunfähigkeit einer Zweimann-AG
    • PEYER HANS-CONRAD, Die Zweimann-AG, Diss. Zürich 1963, S. 87 ff.
    • SCHOCH, Die Zweimann-AG, in: SAG 32 (1959/60) 225 ff.

    Kontakt

    Bürgi Nägeli Rechtsanwälte

    Kontakt / Help

    Bürgi Nägeli Rechtsanwälte

    Anrede

    Ihr Vorname*

    Ihr Nachname*

    Firma

    Telefonnummer*

    Betreff (Interessen- / Streitgegenstand)*

    * = Pflichtfelder

    Eine Kopie der Mitteilung geht an die im Feld "E-Mail" angegebene E-Mail-Adresse.

    Vorbehalt / Disclaimer

    Diese allgemeine Information erfolgt ohne jede Gewähr und ersetzt eine Individualberatung im konkreten Einzelfall nicht. Jede Handlung, die der Leser bzw. Nutzer aufgrund der vorstehenden allgemeinen Information vornimmt, geschieht von ihm ausschliesslich in eigenem Namen, auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko.

    Urheber- und Verlagsrechte

    Alle in dieser Web-Information veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Das gilt auch für die veröffentlichten Gerichtsentscheide und Leitsätze, soweit sie von den Autoren oder den Redaktoren erarbeitet oder redigiert worden sind. Der Rechtschutz gilt auch gegenüber Datenbanken und ähnlichen Einrichtungen. Kein Teil dieser Web-Information darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – sämtliche technische und digitale Verfahren – reproduziert werden.