Aktienzeichnung und die (mindestens im Umfang der gesetzlichen Vorschriften teilweise) Liberierung des Aktienkapitals bilden Gründungs-Voraussetzungen.
Pflicht, im Voraus ein Aktienkapital zu bestimmen:
» OR 620
Pflicht, das im Voraus bestimmte Aktienkapital zu liberieren (= sog. Mindesteinlage):
» OR 632
Aktienzeichnung
Die Aktienzeichnung
- ist Gründungs-Voraussetzung
- beinhaltet die Verpflichtung des Aktionärs, bestimmte Aktiven (Geld, Sachen, Sachgesamtheiten etc.) in die zu gründende Gesellschaft einzubringen
- verschafft der AG das notwendige Haftungssubstrat
- hat zur Gültigkeit Angaben zu enthalten (vgl. OR 630 Abs. 1) über
- Anzahl
- Nennwert
- Art
- Kategorie
- Ausgabebetrag
- min. zum Nennwert, d.h. zu pari bzw. „Pari-Emission“ (OR 624 Abs. 1) oder
- zu einem höheren Betrag, d.h. zu über pari d.h. “Emission über pari“ (OR 671 Abs. 2 Ziffer 1)
- Differenz zwischen Nennwert und Ausgabebetrag = Agio
- Zuweisung: Allgemeine gesetzliche Reserven
- hat die Verpflichtung zur Leistung des Ausgabetrages als Einlage vorzugesehen (vgl. OR 630 Abs. 2).
Zeichnungsscheine:
- sind beim Gründungs-Vorgang nicht zwingend (im Gegensatz zur Kapitalerhöhung)
- zweckmässig als Hilfsmittel für die Einbindung der Gründer und bei grösserem Gründerkreis organisatorisch unumgänglich.
Unter pari-Emission?
Eine Unter-pari-Emission ist unzulässig, weil dann das Aktienkapital nicht gedeckt wäre und entsprechend Haftungssubstrat fehlen würde.
Gesetzliche Grundlage
Liberierung
Liberierungspflicht
Die Liberierung ist die Erfüllung der Einlageverpflichtung aus der Aktienzeichnung durch Leistung des Ausgabebetrages (Mindestleistung: Nennwert).
Liberierungsart
Die Liberierungsart bestimmt auch die Gründungsart:
- Bargeld = Bar-Gründung
- Sachen = Sacheinlage-Gründung (» qualifizierte Gründung).
Liberierungsumfang
Der Umfang des zu liberierenden Mindestkapitals ist in OR 632 in Verbindung mit OR 621 vorgegeben:
- 20 % des Aktienkapitals bzw. des Nennwerts jeder Aktie
- unter Berücksichtigung des Mindestkapitals von CHF 100‘000 (vgl. OR 621)
- mindestens aber CHF 50‘000
Teilliberierung
Eine Teilliberierung verlangt die Beachtung bestimmter Beschränkungen bzw. Informationsvorschriften:
- Statuten: einbezahlter Teil des AK muss ersichtlich sein (vgl. OR 626 Ziffer 3)
- Aktien: auf dem Aktientitel oder –zertifikat ist der Liberierungsumfang zu nennen
- Aktien-Art: nur Namenaktien (vgl. OR 622 Abs. 1 iVm OR 683 Abs. 1 e contrario)
Nachliberierung
Ist in legalem Umfang das Aktienkapital nicht voll liberiert worden, so kann oder sollte der Verwaltungsrat (VR), falls es der Finanz- und/oder Liquiditätsstand der AG erfordert – die Nachlibierierung anordnen (vgl. OR 634a):
- Nachlibierierung = Einzahlung des nicht geleisteten Teils des Nennwerts
- Liberierungsart
- Geld
- Sacheinlage
- Verrechnung
- Gründungsbericht des VR für Nachliberierung (analog OR 635)
- Hinterlage des Nachliberierungs-Geldbetrages bei einer dem Bankengesetz unterstellten Bank (vgl. OR 633)
- Freigabe nach HR-Eintragung (siehe nachfolgend)
- Aktionär hat kein Rückforderungsrecht (Verbot der Einlagerückgewähr)
- Statutenanpassung durch VR
- Handelsregistereintragung der Nachliberierung bzw. des neuen Liberierungs-Umfangs
- Im Übrigen gelten die Liberierungs-Vorschriften wie bei der Gründung.
Ausgabe-Ausgabe
Bei einer Teilliberierung dürfen grundsätzlich nur Namenaktien ausgegeben werden (vgl. OR 622 Abs. 1 iVm OR 683 Abs. 1 e contrario).
Die Ausgabe von Inhaber- oder Stimmrechtsaktien ohne Voll-Liberierung ist nichtig.
Im Veräusserungsfall unerlaubter Aktienarten entsteht folgende Rechtslage:
- Aktien-Verkäufer bleibt für die Nachliberierung persönlich haftbar
- Eine Überwälzung der Nachliberierungspflicht auf den Aktien-Käufer befreit den Aktien-Verkäufer nicht.
- Vgl. ferner OR 683 Abs. 2 und OR 693 Abs. 2.
Nichterfüllung der Liberierungspflicht
Die Nichterfüllung oder nicht rechtzeitige Erfüllung der Liberierungspflicht durch einen Aktionär zeitigt Folgen:
- Verzugszinspflicht (OR 681 Abs. 1)
- Realerfüllung
- Leistungsklage
- Verjährungsfrist: 10 Jahre (OR 127)
- Judikatur: BGE 102 II 353 ff.
- Konventionalstrafe, sofern in den Statuten vorgesehen (OR 681 Abs. 3; vgl. ferner OR 682)
- Kaduzierung
- Entzug der Rechte aus der Aktienzeichnung
- Verfall der geleisteten Einlagen (OR 681 Abs. 2)
- Kaduzierungs-Verfahren
- VR-Beschluss
- Publikation dreimalige Zahlungsaufforderung mit Nachfrist im SHAB
- vgl. ferner OR 681 Abs. 2 und OR 682