Die besondere Erscheinungsform der Einmann-AG zeitigt einige zu beachtende Punkte:
- Definition
- Einmann-AG = Aktiengesellschaft, deren sämtliche Aktien sich im Eigentum eines einzigen Aktionärs befinden
- Rechtsnatur
- Atypische Gesellschaft / juristische Person
- Rechtlich
- zulässig
- Wirtschaftlich
- „Einzelfirma mit Haftungsbeschränkung“
- Rechtspersönlichkeit
- Grundsatz
- Die Rechtspersönlichkeit gilt auch bei wirtschaftlicher Einheit von Inhaber (Alleinaktionär) und Gesellschaft (AG)
- Ausnahme
- Missbrauch » Durchgriff
- Grundsatz
- Durchgriff
- Voraussetzung: Missbrauchsfall
- Missbrauch
- Missbräuchliche Geltendmachung der Selbständigkeit
- AG-Einsatz zur Erreichung widerrechtlicher Ziele
- AG-Einsatz zur offensichtlichen Verletzung legitimer Drittinteressen
- Beispiele
- Zwischenschaltung einer AG als Mieterin, damit das Erstreckungsbegehren des Untermieters abgeblockt werden kann (vgl. auch BGE 112 II 503)
- Konkurrenzverbotsumgehung durch AG und nicht durch konkurrenzverbots-belasteten Aktionär (vgl. auch BGE 71 II 272)
- AG als Darlehensschuldnerin, die dem Aktionär die Schuld nicht zurückzahlt, damit er die familienrechtlichen Pflichten nicht erfüllen muss.
- Alternative
- GmbH
- Exkurs: Aktienmantel als gesetzlich nicht mehr tolerierte atypische Ausgestaltung
- Definition
- Aktienmantel = ein mit dem Handelsregistereintrag und ggf. vorhandenen Aktientiteln sich offenbarende, tatsächlich liquidierte und keine Geschäftstätigkeit mehr entfaltende, gesellschaftsrechtlich noch nicht aufgelöste Gesellschaft
- Unzulässigkeit
- Eine Mantelgesellschaft gilt als unzulässig
- Elemente der Mantelgesellschaft
- Formale Elemente
- Im Vordergrund stehend, aber lediglich ein förmlicher Auflösungsbeschluss gemäss OR 736 Ziffer 2 fehlend
- Materielle Elemente
- Materieller Inhalt weggefallen
- Formale Elemente
- Erfüllte Auflösungsvoraussetzungen
- Von der Gesellschaft dauernd eingestellter Betrieb
- Vollständige Vermögensliquidation
- Ausnahme (nicht erfüllte Auflösungsvoraussetzungen)
- Nur weitgehende Einstellung des Betriebes
- Nicht vollständige Liquidation
- Folgen
- Leeres Rechtsformgebilde
- ohne Rechtsverkehrsauftritt
- bei aufgegebener Geschäftstätigkeit
- ohne körperschaftliche Organisation
- bei weggefallenem materiellem Substrat
- keine Anerkennung der Mantel-Gesellschaft als selbständige Rechtsperson
- Verwendung eines AG-Mantels gilt als Rechtsmissbrauch
- Kein Rechtsschutz
- Weiterbestand wird in der Lehre daher teilweise als Gesetzesverletzung verstanden
- Leeres Rechtsformgebilde
- Weitere Detailinformationen
- Definition
Exkurs: Mitgliedschaftsrecht der Einmann-AG
- Formales Element
- Verbriefte oder nicht verbriefte Aktien?
- Materielle Elemente
- Rechtliche Aspekte
- Da die Mitgliedschaftsrechte nur von einem Aktionären wahrgenommen werden, sind die nicht finanziellen Rechte (sog. Mitverwaltungs-, Schutz- und Kontrollrechte) ohne Belang
- Wirtschaftliche Aspekte
- Allgemein
- Die rechtliche Beherrschung der Einmann-AG beinhaltet die wirtschaftliche Herrschaft über die im Eigentum der AG stehenden Vermögenswerte
- Einmann-Immobilien-AG
- Der Erwerber einer Einmann-Immobilien-AG möchte in der Regel bzw. in der Praxis auch alleiniger Beherrscher des Grundstücks werden (vgl. TEITLER ERIC, a.a.O., S. 74)
- Allgemein
- Rechtliche Aspekte
Judikatur
- BGE 4D_137/2008 vom 16.02.2009
- BGE 121 III 319 = Pra 1996 237
- BGE 113 II 31
- BGE 125 III 257
- BGE 45 II 35
Literatur
- KUNZ PETER V., Ein- und Zweipersonen-Aktiengesellschaften in der Schweiz – Ausgewählte Probleme, in: ST 1-2/97, S. 65 ff.
- TEITLER ERIC, Die Einmann-Immobilien-Aktiengesellschaft – Eine Untersuchung ihrer zivilrechtlichen Besonderheiten verglichen mit dem direkten Grundeigentum im Rahmen des Kauf- und Erbrechts, Diss. Zürich 1969, 163 S.
Weiterführende Informationen
Die Einmann-AG wird hin und wieder als Rechtsträger zur Schaffung klarer Verhältnisse beim freelance working eingesetzt:
» Freier Mitarbeiter / Freelancer: Problemlösende Gestaltung
Vermischung der Sphären von Mutter- und Tochtergesellschaft
Der Anschein einer Einheit von Mutter- und Tochtergesellschaft kann durch äusserliche Anzeichen wie identische oder sehr ähnliche Firmen, identische Sitze, Räumlichkeiten, Organe, Angestellte oder Telekommunikationskoordinaten erweckt werden (sog. Sphärenvermischung), was dem Verletzten erlaubt sowohl von der Mutter- als auch von der Tochtergesellschaft Schadenersatz zu fordern (vgl. BGE 4A_328/2011 vom 26.09.2011)