Die Ermessensveranlagung wird sowohl auf Bundes- wie auf kantonaler Ebene angewandt (vgl. DBG 130 Abs. 2 und StHG 46 Abs. 3):
- Definition
- Ermessensveranlagung = Feststellung der gesetzmässig geschuldeten Steuer mittels Schätzung
- Grundlagen
- DBG 130
- DBG 131
- Rechtsnatur
- Besondere Methode der Sachverhaltsermittlung, die der möglichst gleichmässigen Behandlung der Steuerpflichtigen dient
- Ziel der Ermessenstaxation
- Der Steuerpflichtige ist – ohne besondere Umstände – mindestens mit gleich hohem Einkommen zu veranlagen wie andere Personen, die bei der Steuerbehörde bekannten Einkommen in ähnlichen Verhältnissen leben und ihre Erwerbstätigkeit unter ähnlichen Umständen ausüben
- Funktion der Ermessenstaxation
- Die Ermessensveranlagung ist
- ein Mittel zur Durchsetzung des Steueranspruches des Staates gegenüber Personen,
- die bei einer ordentlichen Veranlagung nicht oder nur ungenügend mitwirken
- deren Steuerfaktoren aus welchen Gründen auch immer nicht einwandfrei festgestellt werden können
- nicht an ein Verschulden des Steuerpflichtigen gebunden
- keine Strafe für den Steuerpflichtigen
- Die Ermessensveranlagung ist
- Ermessenstaxations-Fälle
- Die Steuerbehörde kann die Ermessenstaxation in folgenden Fällen vornehmen:
- Nichteinreichung der Steuererklärung
- (Unentschuldigtes) Nichterscheinen zur Einvernahme
- Keine rechtzeitige Ergänzung der Steuererklärung trotz Aufforderung
- Keine Buchführung oder zur Steuerfaktorenermittlung untaugliche Bücher (eines Buchführungspflichtigen)
- Nichtbeibringung der verlangten Dokumente
- Eine Ermessensveranlagung wird auch nach Abschluss des Untersuchungsverfahrens durchgeführt, wenn die für die Steuerfestsetzung massgebenden Faktoren noch unklar oder ungewiss geblieben sind und deshalb ein sog. «Untersuchungsnotstand» besteht
- Die Steuerbehörde kann die Ermessenstaxation in folgenden Fällen vornehmen:
- Veranlagungs-Prinzipien der Ermessensveranlagung
- Die Steuerbehörden haben bei der Ermessensveranlagung die massgebenden Grundsätze zu beachten:
- Pflichtgemässes Ermessen, von Amtes wegen
- Die Steuerbehörden haben bei der Ermessensveranlagung die massgebenden Grundsätze zu beachten:
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- Einschätzung nach pflichtgemässem Ermessen
- Keine zu tiefe Taxation
- Ermessenstaxationsresultat soll zu einer vollen Erfassung der steuerbaren Faktoren des Steuerpflichtigen führen
- Keine zu hohe Taxation
- Vermeidung einer höheren Veranlagung als der mutmasslich tatsächlichen Verhältnisse Haltbare Grundlagen als Ausgangsannahme (Realitätsnähe)
- Substituierte Gerechtigkeit
- Dem wirklichen Sachverhalt möglichst gerecht werden
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- Anhaltspunkte
- Gemäss DBG können bei der Ermessensveranlagung als Anhaltspunkte berücksichtigt werden (DBG 130 Abs. 2):
- Erfahrungszahlen
- Vermögensentwicklung
- Lebensaufwand des Steuerpflichtigen
- Gemäss DBG können bei der Ermessensveranlagung als Anhaltspunkte berücksichtigt werden (DBG 130 Abs. 2):
- Keine Anhaltspunkte
- Fehlen schlüssige Anhaltspunkte, so ist die Ermessensveranlagung auf Erfahrungswerte zu stützen:
- Umfang und Rentabilität des Geschäftes
- Aufwand der steuerpflichtigen Person für sich und ihre Familie
- Fehlen schlüssige Anhaltspunkte, so ist die Ermessensveranlagung auf Erfahrungswerte zu stützen:
- Fehlende Beweisführungstauglichkeit
- Die Ermessenstaxation stützt sich verfahrensbedingt auf Vermutungen. Mit Vermutungen ist eine Beweisführung nicht möglich.
Literatur
- MÄUSLI-ALLENSPACH PETER / OERTLI MATHIAS, Das Schweizerische Steuerrecht – Ein Grundriss mit Beispielen, 8. aktualisierte und überarbeitete Auflage, Muri b. Bern 2015, S. 306 ff.
- MEIER SIRGIT, Fallstricke im Steuerverfahren, in: ZBJV 158 (2022), S. 548 ff.
Judikatur
- BGer 2C_171/2019 vom 11.10.2019 (Auflage des Steueramts zur Einreichung einer ordnungsmässen Buchhaltung für Selbständigerwerbende (Hilfsblatt A) war bei einem Zahnarzt, der als Arbeitnehmer in seiner Zahnarzt-AG praktizierte, ist unzulässig gewesen, weshalb keine Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen erfolgen durfte)
- BGer 2C_170/2019 vom 19.09.2019 (Tatsachen zur Bestimmung der steuerlichen Wohnsitzes sind steuerbegründend und daher von den Steuerbehörden nachzuweisen; der Steuerpflichtige ist zur Mitwirkung und zur Auskunftserteilung über die für die Besteuerung massgebenden Umstände verpflichtet)