Grundsätzliches
Das Rückbehaltungsrecht des Bauherrn stellt sich nach Anspruchsfälligkeit in folgenden vier Fällen:
- vereinbarte Abschlagszahlungen
- ausstehende Dokumentations- und Garantiearbeiten
- Weigerung des Architekten (Planers), Rechenschaft abzulegen
- Weigerung des Architekten (Planers), die ihm zugekommenen und von ihm geschaffenen Gegenstände herauszugeben
Schranken
Das Rückbehaltungsrecht wird nach Treu und Glauben beschränkt, und zwar bezüglich Bauherren-, Unternehmer- und Drittverhalten:
Unternehmer
- Kein Rückbehaltungsrecht für den Unternehmer – Mitverschulden des Bauherrn vorbehalten, wenn er verweigert:
- Nachbesserungsverweigerung
- Nachbesserungsverzögerung
- Versteckte Mängel (bei der Garantieabnahme)
- Vgl. auch OR 82
Bauherr
- Der Bauherr darf nur so viel zurückbehalten wie nötig ist, um das Tätigwerden des Unternehmers „ausgiebig“ zu sichern und den „angemessenen“ Druck aufzubauen
Rückbehaltung bei vorzeitiger Vertragsauflösung
Das Rückbehaltungsrecht nach OR 82 kann auch – obwohl der Vertrag nicht mehr zu Erfüllungs-, sondern zu Liquidationszwecken fortbesteht – nach herrschender Lehre analog angewandt werden:
Leistungsaustausch nach Vertragsauflösung
- Erlöschen der Vorleistungspflicht des Architekten (Planers)
- Beidseitige Leistungen Zug um Zug, gleichzeitig
Architekt (Planer)
- Anspruch auf Herausgabe von Unterlagen und Plankopien nicht ohne Vergütungszahlung
Bauherr
- Architekt (Planer) kann vom Bauherrn nicht die Honorarzahlung verlangen, ohne die Gegenleistungen zu erbringen
- Honorar und Herausgabe stehen in einem Austauschverhältnis
- Minderungsrecht und Verrechnung
- Minderungsrecht des Bauherrn wegen Schlechterfüllung und Verrechnung unter den Voraussetzungen von OR 120 ff.
- Reduziert sich durch Verrechnung die Vergütungspflicht des Bauherrn auf Null, entfällt die Einredemöglichkeit des Architekten (Planers), da seiner Herausgabepflicht keine Honorarpflicht mehr gegenübersteht
Weiterführende Informationen
- Abschlagszahlungen
- Stundung
- Verrechnung | verrechnnung.ch